Apnoe: Wie ich es geschafft habe, 3.33 Minuten die Luft anzuhalten STADTGEPLAUDER | 17.06.2016

Zwei Profis, ein Anfänger. chilli-Redakteur Till Neumann hat sich im Keidel Bad im Apnoetauchen versucht. Der Freiburger Weltrekordler Nik Linder und dessen Schützling André Grabs haben ihm gezeigt wie man maximal lange unter Wasser die Luft anhalten kann. Der chillist hat es am Ende 3.33 Minuten lang ausgehalten. Und kann es noch immer kaum glauben.

Apnoetauchen Till Neumann

Schwerelos: chilli-Redakteur Till Neumann beim Apnoetauchen

In den 90er Jahren habe ich zum ersten Mal von Apnoe-Tauchen gehört. Damals hat mich der Film „Im Rausch der Tiefe“ angefixt. Jean Reno spielt den großmäuligen Italiener Enzo Maiorca, der sich verbissene Tauchduelle mit dem schüchternen Franzosen Jacques Mayol liefert. Mit nur einem Atemzug mehr als 100 Meter tief zu tauchen – faszinierend.

Lange die Luft anhalten kann ich trotzdem nicht. Aus dem Stand schnappe ich im Büro schon nach 40 Sekunden nach Luft. Das soll sich heute ändern: Immerhin hilft mir der Freiburger Nik Linder – Weltrekordler im Unter-Eis-Tauchen. Im Keidel Bad weiht er mich mit André Grabs in die Kunst des statischen Apnoetauchens ein. Einfach gesagt: Ich lerne, maximal lange mit einem Atemzug unter Wasser zu bleiben. „Statik ist absolut das Geilste“, schwärmt Linder. „Du gehst tief in dich, jeder Muskel ist entspannt. Das ist sehr meditativ.“

Wir beginnen am Beckenrand mit Atem- und Dehnübungen: Langsam heben wir die Arme und holen dabei tief Luft. Wir strecken die Fingerspitzen Richtung Himmel und beugen den Oberkörper nach links und rechts. Dann lassen wir die Arme langsam fallen und atmen aus. „Super, das machen wir gleich nochmal“, lobt Linder. „Wir Apnoetaucher bedienen uns bei allen möglichen Disziplinen. Hauptsache es funktioniert“, sagt der Tauch- und Yogalehrer.

Apnoe Atemübungen

Vorbereitung: Grabs und Neumann machen Atem- und Dehnübungen

Bei der zweiten Übung soll maximal viel Sauerstoff aus Bauch und Lunge strömen. Wir kippen den Oberkörper im Stehen nach vorne. „Dabei atmest du aus“, erklärt Linder. Nach einigen Sekunden stützen wir die Hände auf unsere Oberschenkel und ziehen den Bauch so weit wie möglich nach innen. „Stell dir vor, er wird von einer Schnur durch den Kopf nach oben gezogen“, rät mir Grabs. Ich merke wie immer mehr Luft aus meinem Körper gepresst wird.

Dann gibt mir Linder einen Neoprenanzug. In dem schwarzen Teil fühle ich mich fast wie ein Fisch. Also ab ins Wasser. Ein kleines Becken ist extra für uns geräumt worden. „Wir werden die Dauer der Tauchgänge langsam steigern“, sagt Linder. Entscheidend sei, dass ich mich komplett entspanne und schwerelos im Wasser liege. Nur so könne man lange unter Wasser bleiben. Er hat eine Stoppuhr in der Hand, die Dauer der Tauchgänge will er aber nicht verraten. „Man muss wegkommen von der Uhr, eins werden mit sich selbst“, sagt der Taucher.

Woher weiß ich, wann ich auftauchen muss? „Es gibt die Easy-Going-Phase und die Struggle-Phase“, erklärt Linder. Nach der Easy-Going-Phase habe man erste Atemreflexe, einen Schluckreiz zum Beispiel. Das sei aber nur ein erstes Signal. „Der Körper ist dann noch bestens mit Sauerstoff versorgt“, unterstreicht er. In der Struggle-Phase gelte es zu kämpfen. „Wir Apnoetaucher lernen harmonisch mit Kontraktionen umzugehen“, erklärt er mir.

Und an was denkt man so beim Luftanhalten? „Unter Wasser machen wir oft einen Körperscan. Man geht jedes einzelne Körperteil durch und prüft, ob alles locker ist“, erklärt Linder. Dann starten wir. „Ihr habt eine Minute, um ruhig und tief zu atmen“, sagt er. Ich halte mich am Beckenrand fest, schließe die Augen und konzentriere mich auf meine Atmung. Ich schwanke zwischen leichter Aufregung und innerer Ruhe. Dann hole ich ein letztes Mal tief Luft und tauche ab. Bewegungslos liege ich im Wasser. Entspanne mich. Es ist ruhig. Und blau. Linder greift mir in den Nacken, prüft ob alles locker ist. Zeitgefühl habe ich keins, eher ein Schwebegefühl. Ich konzentriere mich auf einen Lichtreflex am Boden.
Apnoe chilli

Statisch: Grabs und Neumann liegen regungslos im Wasser.

„Und auftauchen“, sagt Linder. Ich hebe den Kopf aus dem Wasser, atme langsam ein. Wieder habe ich eine Minute zum Atmen, dann geht’s runter, etwas länger als vorher. Keine Ahnung wie lange. Es interessiert mich nicht. Von Tauchgang zu Tauchgang werde ich ruhiger. Ich genieße die Stille, schalte ab.

„Jetzt machen wir die letzte Runde“, sagt Linder beim fünften Mal. „Ich gebe dir nach einer Weile Bescheid, dann schaust du, wie lange du noch kannst.“ Wieder habe ich eine Minute zum Atmen. Dann hole ich tief Luft und gehe runter. Ich schwebe, schaue auf die schillernde Stelle am Boden. Schön. Irgendwann frage ich mich, warum mein Körper eigentlich nicht atmen möchte. Egal.

„Wir sind bei drei Minuten, du kannst selbst entscheiden, wie lange du noch bleibst“, sagt Linder. Um zu prüfen, ob alles okay ist, bittet er mich, mit den Händen ein Signal zu geben. Ich bewege die Finger. Dann meldet sich mein Körper, die Lunge brennt. Ich tauche auf. Langsam, hole Luft. „3.33“, ruft Linder und grinst. Ich kann es kaum glauben. 3.33? Muss ein Scherz sein. Nein, die Stoppuhr zeigt drei mal die Drei. Krass. „Für einen Anfänger ist das super, aber nicht außergewöhnlich“, sagt Linder. Mit etwas Training könne man in kurzer Zeit locker auf vier Minuten kommen. Dann taucht André Grabs auf. 5.43 Minuten. Respekt.

Apnoetauchen: André Grabs und Till Neumann

Geschafft: André Grabs hat’s 5.43 Minuten ausgehalten, Till Neumann 3.33 Minuten.

Info

  • André Grabs will am 19. Juni einen deutschen Rekord im Streckentauchen aufstellen. Wie er sich dafür mit Nikolay Linder vorbereitet lesen sie hier: André, der Atemlose
  • Nik Linder hat zuletzt bei einer Guinness-Show im ialienischen Fernsehen einen Rekord aufgestellt: Von der Decke hängend, den Kopf in einem Aquarium, hat er vier Minuten lang die Luft angehalten. Seinen Bericht dazu gibt’s hier, das Video vom Rekord hier.
  • Wer Lust hat, sich selbst im Apnoetauchen zu versuchen, kann das am 19. Oktober tun. Dann bietet Nik Linder im Keidel Bad einen Freediving-Workshop an.

Bildergalerie

Text: Till Neumann; Fotos: Nik Linder