Arzt auf hoher See: Freiburger Kardiologe will Schiff kaufen und Geflohenen auf See helfen STADTGEPLAUDER | 23.12.2017 | Till Neumann

Rund 15.000 Geflohene sind seit 2014 im Mittelmeer ertrunken. Ein Freiburger Arzt will nicht länger zusehen. Zwei Wochen war Alexander Supady im Oktober 2016 als Helfer auf einem Rettungsschiff. Nun hat der 36-jährige Kardiologe und Notfallmediziner der Uniklinik Freiburg beschlossen, selbst einen Verein zu gründen: Resqship. In Kürze will er mit seinem Team ein Schiff kaufen und in See stechen.

„Als die Lage für die Menschen auf dem Mittelmeer immer dramatischer wurde, wollte ich helfen. Also habe ich mich 2016 als Helfer für eine Rettungsaktion auf hoher See beworben. Während meines Urlaubs war ich dann gut zwei Wochen zwischen Malta und der libyschen Küste im Einsatz.

Ich hatte mich gut vorbereitet und wusste in etwa, was auf mich zukommt. Was ich dort erlebt habe, ist dennoch unvorstellbar. In zwei Wochen haben wir rund 2500 Menschen retten können.

Die Lage vor Ort ist absurd. An einem Tag haben wir mehr als sieben Boote gesehen mit etwa 1000 Menschen. Die Fliehenden sind meist in billigen Schlauchbooten unterwegs, die normalerweise Platz bieten für 30 Personen. Es sitzen aber oft 150 oder mehr Menschen darin. Und nur wenige können schwimmen.

In der Nacht des 21. Oktober wurde es dramatisch. Um 2 Uhr nachts haben wir ein Schlauchboot mit Flüchtenden in Seenot entdeckt. Plötzlich tauchte ein Boot der libyschen Küstenwache auf und behinderte unsere Rettung. Es fuhr direkt zum Schlauchboot, Geflüchtete wurden geschlagen, das Boot sank. 124 Menschen konnten wir retten. 20 bis 25 werden vermisst. Vier Personen konnten wir nur noch tot bergen. Hätte die libysche Küstenwache nicht eingegriffen, wäre niemand ertrunken.

Zeitweise waren mehr als zehn zivile Rettungsschiffe auf der zentralen Mittelmeeroute unterwegs. Aktuell sind es nur vier oder fünf. Deswegen habe ich im Juni mit anderen Helfern einen Verein gegründet: Resqship. Wir sind mittlerweile etwa 50 Freiwillige in ganz Deutschland und sammeln nun Geld für ein Schiff. Neben den geplanten Rettungseinsätzen wollen wir auch intensiv über die Lage im Mittelmeer informieren.

Um helfen zu können, benötigen wir Spenden. Für zwölf Monate sind das mehrere hunderttausend Euro. Ein geeignetes Schiff kostet etwa 150.000 bis 200.000 Euro. Für die laufenden Kosten benötigen wir etwa 50.000 Euro im Monat. Unser Ziel ist, im März oder April in See zu stechen. Dann wird die See ruhiger und wieder mehr Menschen wagen sich aufs Meer.

In Libyen ist es vielerorts undurchschaubar, wer auf welcher Seite steht – Warlord, Schleuser oder Küstenwache. Wir von Resqship kritisieren, dass die EU diese undurchschaubaren Strukturen finanziell unterstützt.

Mitmachen kann bei uns, wer Interesse hat, Ideen und es nicht akzeptieren möchte, dass weiterhin Jahr für Jahr tausende Menschen auf dem Mittelmeer sterben.“

Foto: © Judith Büthe

www.resqship.org / info@resqship.org
Spendenkonto: IBAN DE18 4306 0967 2070 8145 00