Auf Rekordjagd: Freiburger Tourismusbranche SPECIALS | 28.03.2017

Seit gut einem Jahr ist Franziska Pankow Tourismus-Chefin in Freiburg. Eine Teamplayerin der Freiburg Wirtschaft Touristik und Messe GmbH (FWTM), die viele Themen zusammen mit Sabine Weber-Loewe und Lonieta Dylus beackert. Ein Job, der zuverlässig mit dem Verkünden von Rekorden verbunden ist. In dieser Hinsicht ist aber FWTM-Geschäftsführer Bernd Dallmann immer noch der Platzhirsch. Denn wenn es mal keinen Übernachtungsrekord gibt, dann zählt Dallmann einfach die Gästeankünfte und die lagen 2016 auf dem höchsten Niveau. Und so titelte die Tagespresse trotz des Rückgangs bei den Übernachtungen folgsam mit dem Gästerekord.

761.200 Besucher zählten die Freiburger Hotels, Gasthöfe, Pensionen, Campingplätze und Jugendherbergen im vergangenen Jahr. So viel wie nie. Ein zartes Plus von 0,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Bleibedauer aber verkürzte sich, sodass am Ende 1,438 Millionen Übernachtungen bezahlt wurden – 10.000 weniger als 2015. Zwar legten die Hotels um 0,3 Prozent auf 1,092 Millionen Nächte zu, wegen des schlechten Sommers aber gaben die Zahlen bei den Pensionen, Campingplätzen und Jugendherbergen leicht nach. Es kamen insgesamt weniger Ausländer (minus 2,1 Prozent, bei den Chinesen sogar minus 25,5 Prozent), dafür mehr Deutsche.

„Mit dem Ergebnis sind wir zufrieden“, kommentierte Dallmann. Bei den Übernachtungszahlen sei „kaum noch Wachstum möglich“, weil die Kapazitätsgrenze bei den Hotels nach zehn Jahren Stagnation erreicht sei. Allein in diesem Jahr kommen nun 760 Zimmer mit 1300 Betten dazu (siehe Infobox). „Angesichts der Entwicklung auf dem Hotelmarkt ist weiteres Wachstum auch zur Erhaltung der guten Auslastung notwendig und bleibt daher unser Ziel“, sagt Pankow beim Redaktionsgespräch.

Auch mit den neuen Hotels sei Freiburg „nicht überversorgt“. Nicht zuletzt, um die Gäste von größeren Kongressen zu versorgen, brauche es mehr Kapazitäten, und selbst mit den neuen Hotels würde das Umland immer noch von Freiburg profitieren: „Bei großen Kongressen brauchen wir schon mal 1500 Zimmer.“ Etwa beim 125. Jubiläumskongress der IUFRO (International Union of Forest Research Organizations), zu dem im September 2000 Teilnehmer nach Freiburg kommen. 1200 werden zum 120. Deutschen Ärztetag im Mai erwartet. Auch der European Resuscitation Council Congress hat 1000, der 28. Ordentliche Gewerkschaftstag der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft immerhin 700.

Nicht nur die Zahl der Zimmer, auch der Tourismus wird sich verändern. „Die Menschen wollen keine Standard-Angebote, sondern authentische Erlebnisse“, so Pankow. In Zeiten, in denen die Innenstädte sich vom Angebot her immer ähnlicher werden, brauche es mehr individuelle Möglichkeiten. „Die Gäste wollen vielleicht selber eine Schwarzwälder Kirschtorte backen, bei einer Weinlese mitmachen, mit dem Mountainbike attraktive Strecken fahren, außergewöhnliche Locations besuchen. Wir müssen mehr Geschichten erzählen.“

Franziska Pankow: »Wir müssen mehr Geschichten erzählen.«

Franziska Pankow: »Wir müssen mehr Geschichten erzählen.«

Wie sich der Tourismus in Freiburg richtig entwickeln soll, das soll im 80.000 Euro teuren Tourismus-Konzept stehen, das das Institut Projekt M in Abstimmung mit dem Tourismusbeirat derzeit erarbeitet und das im Juli vorliegen soll. Darin werden nicht zuletzt die Ergebnisse von Gästebefragungen stehen: Was erhofft sich der Freiburg-Besucher, was will er erleben, welche Dienstleistungen erwartet er, was will er wie online buchen können?

Bis zum Juli soll auch die neue touristische Webseite für Freiburg fertig sein, in die auch das städtische Buchungsportal intergriert sein wird. Pankow muss aber auch andere Fragen bearbeiten: Wie kann Freiburg generell interessanter für junge Leute werden, wie für Geschäftsreisende, wie sieht ein Gestaltungskonzept für eine attraktivere Innenstadt aus, wie kann das Fußgängerleitsystem besser, wie die Stadt barrierefreier werden, wie wären die Touristenströme besser zu verteilen, wie kann man den Gästen den Schlossberg, die Wiehre oder die Dreisam näher bringen? Und schließlich: Wie sieht ein – auch im Wettstreit mit anderen Regionen – freiburgtypisches, zukunftsgerichtetes Profil für die Tourismusvermarktung aus? Wobei der Schwarzwald, der Oberrheingraben oder der Europapark keine Konkurrenten für Freiburg seien. „Die für Touristen lohnenden Ziele im Dreiländereck müssen sich vielmehr noch besser gemeinsam vernetzen und vermarkten.“ So sei etwa das Kulturangebot am Oberrhein „herausragend“, müsse aber noch bekannter werden.

Pankow will nicht immer mehr Gäste um jeden Preis. Aber Wachstum durchaus. Hier trifft sich Tourismus mit Wirtschaftsförderung: Ein Übernachtungsgast gibt im Schnitt am Tag 89,50 Euro aus. Bei 1,438 Millionen Übernachtungen sind das knapp 130 Millionen Euro. Gut für Freiburg. Reisen ist aber auch gut für die Gäste. Denn wie sagte einst der sehr reiselustige Mark Twain: „Reisen ist fatal für Vorurteile, Bigotterie und Engstirnigkeit.“

Text: Lars Bargmann / Fotos: © FWTM/Raach; privat

Info: Hotels in Freiburg

Aktuell gibt es in Freiburg 62 Hotels mit 5260 Betten. Neu hinzukommen in diesem Jahr das Motel One (252 Zimmer), das Wyndham Super 8-Hotel (205), das Hampton by Hilton (175) und das Holiday Inn Express (130) mit insgesamt 1300 Betten. Zudem sind in der Planungsphase das Hotel Rheingold, das nach dem Umbau 150 statt heute 50 Zimmer haben wird, das Resort Luisenhöhe in Horben mit 80 Zimmern und 10 Suiten, ein privates Hotel mit 60 Zimmern auf dem Güterbahnhof, der britische Immobilien- und Hospitalitykonzern Whitbread hat ein Premier Inn mit 180 Zimmern „auf eigenem Grundstück“ in Bahnhofsnähe angekündigt, das Hotel am Stadtgarten will um 30 Zimmer erweitern. In der Pipeline gibt es noch Pläne beim Dorint an den Thermen und auf dem Ganter-Areal. Die Bettenauslastung in den Hotels lag im vergangenen Jahr bei 57,1 Prozent – die Tabellenführung in Baden-Württemberg, wo sie im Schnitt bei 43,6 Prozent lag.

Text: bar