Ausblick 2017: Internationale Politik verunsichert Firmen in Südbaden STADTGEPLAUDER | 10.03.2017

Niedrige Zinsen kurbeln den Konsum an. Das führt zu einem guten Konjunkturklima auch in Südbaden. Doch beim Blick nach vorne beschleicht immer mehr Unternehmer ein mulmiges Gefühl: Denn vor allem die Entwicklungen auf internationalen Märkten könnten zum Stock in den Speichen des Wirtschaftsmotors werden.

Trump und Brexit, Putin und Erdogan – das sind nur vier Begriffe, die vor allem bei der Industrie für Sorgenfalten auf der Stirn sorgen. „Das Einzige, was stabil läuft, ist die Konjunktur der Schwarzwald AG“, sagt Christoph Münzer. Der Hauptgeschäftsführer des Industrieverbandes WVIB spürt ein schwindendes Vertrauen bei vielen Mitgliedsbetrieben. Der WVIB ist als Vertreter der Industrie in der Region wohl der beste Spiegel dessen, was die Weltpolitik mit den Jobs im Breisgau macht. Ein politischer Scharfmacher in den USA, dessen Wirtschaftspolitik simpel gestrickter Protektionismus sein könnte. Die EU-Abweichler in Großbritannien und selbstverliebte Autokraten im Kreml und am Bosporus. Dieses Quartett zerstöre viel von dem Vertrauen, das Menschen und Märkte benötigten, mahnt Münzer.
WVIB-Präsident Klaus Endress schließt sich an: „Wir sind irritiert über Trumps sehr einfache Vorstellungen von Außenpolitik und Marktwirtschaft.“ Was bisher aus dem Weißen Haus kam, gefällt ihm nicht.

Ausblick 2017

Blick in die Konviktstraße

Ein wenig ist es aber auch Jammern auf hohem Niveau. Denn noch schauen zwei von drei Unternehmen positiv in die Zukunft. Egal, welche regionale Umfrage man nimmt. Ob WVIB, Industrie- und Handelskammer (IHK), Handwerkskammer – die Zahlen ähneln sich. Beim Handelsverband Südbaden glauben 81 Prozent der Händler an stabile oder steigende Umsätze. Herzstück dieser Entwicklung ist die Innenstadt von Freiburg, wo auf einer Ladenfläche von 20 Fußballfeldern mehr als eine halbe Milliarde Euro umgesetzt wird: 554 Millionen Euro. Zwischen Friedrichsring und Martinstor konzentrieren sich fast alle namhaften Filialisten. Das Beratungsunternehmen Comfort, das die Handelsplätze in Deutschland untersucht hat, sieht Freiburg als zweitattraktivste Innenstadt in der Kategorie von 200.000 bis 500.000 Einwohnern. Nur Münster schneidet im Ranking noch besser ab.

Während die Konjunkturbilanz der Handwerkskammer zum Ende des vergangenen Jahres unbeirrt ansteigt, erhält der Ausblick nun zwar einen leichten Dämpfer, aber immer noch sind 72 Prozent der von der Kammer befragten Unternehmen positiv gestimmt. Nur eine von 20 Firmen geht davon aus, dass die Umsätze zurückgehen. Viele Handwerker sind ausgelastet. Nur einer von zehn hat wirklich Luft. Aber Kammerpräsident Johannes Ullrich bremst die Euphorie ein wenig: „Es bleibt abzuwarten, ob 2017 für das südbadische Handwerk bei den gegenwärtigen ungewissen Entwicklungen im Land und der Welt ähnlich erfolgreich wird.“

Auch bei der IHK ist die größte Sorge nicht unbedingt der neue US-Präsident. Zu viel Bürokratie, etwa neue Regelungen für Teilzeitarbeit, oder Fachkräftemangel treiben die Unternehmer um. Zwar ist der Konjunkturindex gerade zum siebten Mal in Folge gestiegen. Aber eine „gewisse Skepsis ist schon da, wie lange der Index noch weiter steigen kann“, so IHK-Hauptgeschäftsführer Andreas Kempff.

Er fürchtet, dass sich Politik und Wirtschaft auseinanderleben. Mehr als jedes dritte Unternehmen sehe die nationale Wirtschaftspolitik als Risikofaktor. Der Wert, der zuletzt noch unter 30 Prozent gelegen hatte, ist nun auf 37 angestiegen. „Mit Blick auf die demografische Entwicklung ist damit zu rechnen, dass die Verfügbarkeit von Facharbeitern in Zukunft sogar noch stärker als limitierender Faktor auftreten wird“, so Kempff.

Text: Philipp Peters
Foto: © Robert Babiak/pixelio.de