Circolo-Direktor Christoph Mack über Clowns-Gagen, 5-Minuten-Nummern & teuren Schneefall STADTGEPLAUDER | 22.12.2017 | Tanja Senn

Applaus ist der wahre Lohn der Künstler. Da mag zwar was dran sein, doch lassen sich Heizkosten, Zeltmiete und ja, auch die Künstlergagen, nicht mit Applaus bezahlen. Wie weit man die Hände dafür aufmachen muss, weiß Zirkusdirektor Christoph Mack. Seit zwölf Jahren betreibt er den Freiburger Weihnachtszirkus Circolo. Im Interview mit chilli-Redakteurin Tanja Senn verrät der 63-Jährige, ob Zirkus in Zeiten von 3D-Kino und Blockbustern noch wirtschaftlich ist.

chilli: Wo vor einer Woche noch ein leerer Platz war, werden gerade zwei große Zelte aufgebaut. Einen Monat lang wuseln die Techniker dafür auf dem Messplatz. Vom Zuckerwürfel bis zum Scheinwerfer muss alles hergebracht werden. Holen Sie diese Kosten wieder rein?
Mack: Seit ein paar Jahren kommen wir mit einem Plus raus, aber der Weihnachtszirkus ist nichts, womit man wirklich Geld verdienen kann. Dafür sind die Kosten zu hoch. Die gesamte Veranstaltung kostet etwa 650.000 Euro. Und das müssen wir zu 98 Prozent über die Eintrittskarten finanzieren. Die Zeiten, in denen Sponsoren viel Geld gegeben haben, sind vorbei.

chilli: Sie organisieren auch das Varieté am Seepark. Da gibt’s die Infrastruktur schon…
Mack: … und vor allem weiß man da von Anfang an, was es am Schluss kostet. Beim Circolo haben wir so viele Unwägbarkeiten. Diese Nacht mussten wir zum Beispiel komplett durchheizen, weil es geschneit hat. Das ist Vorschrift: Auf den Zeltplanen darf kein Schnee liegen, weil der zu schwer ist. Letztes Jahr haben wir rund 30.000 Euro nur fürs Heizen ausgegeben.

chilli: Halten sich die Kosten fürs Programm denn die Waage?
Mack: Nein, der Zirkus ist viel teurer. Da sind ungefähr 30 Personen am Programm beteiligt, beim Varieté waren es dieses Jahr elf. Im Varieté sind die Leute eher bereit, auch mal eine Viertelstunde lang eine Nummer anzuschauen. Zirkus ist hingegen Volkstheater, da geht es Schlag auf Schlag. Alle fünf Minuten gibt es eine neue Nummer. Von diesem schnellen, abwechslungsreichen Programm lebt der Zirkus. Deswegen bleibt beim Varieté mehr hängen, obwohl es eine viel kleinere Veranstaltung ist. Dieses Geld nehmen wir und stecken es in den Zirkus.

chilli: Im Circolo treten viele Künstler aus Osteuropa auf. Sind deren Gagen niedriger?
Mack: Nein, das ist lang vorbei. Aber bei uns findet man die Qualität nicht. In Kiew hat’s zwei super Artistenschulen, das sind richtige Kaderschmieden für gute Nummern. In Berlin haben wir auch Artistenschulen, aber dort machen alle Trapez oder Vertikalseil – da gibt es kaum was Innovatives.

Zirkus-Betreiber aus Leidenschaft: Christoph Mack und seine Frau Adelheid Hetzel-Mack.

chilli: Können Sie sich die Artisten aussuchen oder ist es schwer, die guten nach Freiburg zu locken?
Mack: Beim Varieté habe ich keine Probleme, weil zu der Zeit die ganzen Weihnachtsshows noch nicht stattfinden. Diese Shows spielen oft zwei oder drei Monate, während der Circolo nur 14 Tage dauert. Mehr gibt Freiburg nicht her. Für viele Künstler ist das nicht attraktiv. Wir zahlen zwar weit über dem Durchschnitt, aber über die Dauer hinweg rentieren sich andere Shows mehr.

chilli: Was heißt „weit über dem Durchschnitt“?
Mack: Gagen sind sehr unterschiedlich und es gibt nach oben hin keine Grenzen. Komik ist am teuersten, da liegt man schnell bei über 1000 Euro am Tag.

chilli: Man sollte meinen, dass die Artisten mit den gefährlichsten Nummern am meisten verdienen …
Mack: Artisten, die spektakuläre Sachen machen, gibt es viele. Natürlich bekommt eine Hochseiltruppe mit zwölf Leuten auch ihr Geld, aber der Sprecher im Varieté oder der gute Komiker im Zirkus ist am schwierigsten zu bekommen. Diese Leute wissen, was sie wert sind, und lassen sich gut bezahlen.

chilli: Haben Sie deshalb keinen Clown im Programm?
Mack: Den klassischen Zirkusclown haben wir schon lange nicht mehr. Diese Zeiten sind vorbei. Der Humor hat sich verändert und ist vor allem so unterschiedlich geworden. Wenn vor fünfzig Jahren Heinz Erhardt auf die Bühne gegangen ist, haben alle darüber gelacht. Heutzutage lachen die einen über das, die anderen über das. Einen zu finden, der bei allen gleich gut ankommt, ist ganz schwierig. Bei uns tritt dieses Jahr Kai Eikermann auf – ein super Comedykünstler, der nur über Körpersprache kommuniziert. Für mich ist er so etwas wie der moderne Clown.

Circolo
22. Dezember bis 6. Januar
Messplatz Freiburg

www.circolo-freiburg.de

Fotos: © privat, Adelheid Hetzel-Mack