Das perfekte Wochenende in Amsterdam Reise-Special | 06.01.2022 | Lars Bargmann

Das Wissenschaftsmuseum NEMO Wie ein Schiff am Hafen: Das Wissenschaftsmuseum NEMO lockt nicht nur Klein und Groß, sondern auch mit schräger Dachterrasse.

Was Amsterdam und den Schwarzwald verbindet? Die Metropole an der Nordseeküste steht auf fünf Millionen Holzpfählen. Und die meisten sind aus dem Schwarzwald und dem Frankenwald mit Flößen an die Amstel geschippert worden. Amsterdam und Freiburg verbindet die Fahrrad-Freundlichkeit, wenngleich die niederländische Hauptstadt in dieser Hinsicht eindeutig Champions-League spielt. Und nicht nur in dieser..

Auf unseren E-Mountainbikes cruisen wir also ein paar Tage durch diese herrliche Szenerie – oft auf einer roten Tartanbahn, die sich kilometerlang rund ums Zentrum, aber auch auf die Inseln zieht. Entweder auf dem Rad oder auf dem Boot, so lässt sich die Stadt am besten erkunden. Wie eine Grachtenfahrt vorbei an den großartigen Häuserfassaden zu den Selbstverständlichkeiten des Besuchs zählt, so sind auch alle bekannten und weniger bekannten Sehenswürdigkeiten am besten auf zwei Rädern zu erfahren.

Westerkerk mit dem Langen Jan

Westerkerk mit dem Langen Jan, wie der Volksmund den Turm nennt.

Man könnte an der protestantischen, übrigens von einem katholischen Architekten geplanten, Westerkerk starten, deren Turm – im Volksmund Langer Jan genannt – ein geliebtes Wahrzeichen der Stadt ist. Jeden Dienstagmittag gibt der hauseigene Glockenspieler Boudewijn Zwart ein einstündiges Konzert, ansonsten ertönt alle 15 Minuten ein kurzes Glockenspiel und weht vom Turm, der unter sich auch das Grab von Rembrandt beherbergt, in die Stadtteile. Anne Frank hatte sich hier ganz in der Nähe – im Haus Prinsengracht 263 –  vor den Nazis versteckt, vor dem Eingang ins heutige Museum bilden sich kleine Schlangen.

Man könnte auch das NEMO als Startpunkt nehmen. Am Museumshafen unweit des Hauptbahnhofs liegt das Wissenschaftsmuseum wie ein kupferverkleidetes Schiff, auf seiner im doppelten Sinne schrägen Dachterrasse sitzend, lässt sich die ganze Stadt überblicken, auch den Westertoren sieht man von hier.

Bunt geschmücktes Fahrrad

Alles so schön bunt hier: Hollandrad an Grachtenbrücke.

Am Hauptbahnhof fahren alle paar Minuten Fähren über die Amstel in die nördlichen Stadtteile, eine Stippvisite der ehemaligen NDSM-Werft sei jedem Touristen ans Herz gelegt. Kreatives in alten Containern, die Szenerie erinnert an den Kreativpark in der Lokhalle in Freiburg, nur ist die alte Werft zigmal so groß. Die NDSM war mal die größte Werft – der Welt. Nach der Pleite in den 80ern ließ die Firma eine Stadt aus Beton und Stahl zurück – eine ideale Brutbox für Start-ups, Kreative, Musiker, Designer, Künstler. Von Grachtenromantik keine Spur. Ein Kaffee im Noorderlicht ist nicht nur lecker, sondern bietet auch eine famose Aussicht auf den IJ-Kanal. 

Rijksmuseum

Rijksmuseum: 800 Jahre niederländische Nationalgeschichte in 80 Sälen.

Wer später ein besonderes Abendessen in besonderer Umgebung zelebrieren möchte, der klingelt im Lloyd-Hotel an. Von dort geht es mit der historischen Ijveer XIII über den IJ-Kanal vorbei an mehreren Schleusen zum Vuurtoreneiland. Direkt am Vuurtoren (alter Leuchtturm) sitzt man – im Sommer – dann in einem Glashaus und kostet ein fünfgängiges Table-d’hôte-Menü mit saisonalen Produkten von lokalen Erzeugern – alles am offenen Feuer zubereitet. Offen sind die Sinne auch ob der herrlichen Aussicht aufs Ijmeer.

Neben kulinarischen Highlights – zu erwähnen ist unbedingt auch das 212 – geizt Amsterdam auch nicht mit kulturellen: Im Rijksmuseum mit der prachtvollen Außenfassade aus dem 17. Jahrhundert lassen sich 800 Jahre niederländischer Geschichte anhand von 8000 Gemälden in 80 Sälen bestaunen – hier hängt nicht zuletzt auch Rembrandts „Nachtwache“. Wer sich im Raum daneben auf den Boden legt und nach oben schaut, wird belohnt.

ehemalige NDSM-Werft

Kultur statt Schiffsbau: Die ehemalige NDSM-Werft war mal die größte Werft der Welt.

Nur ein paar Schritte entfernt finden sich mit dem Moco Museum für moderne und surrealistische Kunst, dem Stedelijk (moderne Kunst und Design) und dem Van-Gogh-Museum (mit der einzigen erhaltenen Palette des Meisters) weitere Lokalitäten der kontemplativen Beschaulichkeit. Und wieder nur ein paar Schritte weiter hat im Concertgebouw mit dem gleichnamigen Königlichen Orchester einer der renommiertesten Klangkörper der Welt seine Heimstatt.

Vondelpark

Wo Wolken sich in Teichen spiegeln: Der herrliche Vondelpark fasst fast 70 Fußballfelder.

Wer durch die 870.000-Einwohner-Stadt schlendert, dem weht nicht selten der süßliche Geruch von Marihuana in die Nase, auch im herrlichen Vondelpark, der auf einem einstigen Sumpfgebiet entstanden ist, sitzen Einheimische und Gäste um einen der vielen Teiche herum und lassen ihr Bewusstsein mal ganz tief atmen. 

Der Park, fast 70 Fußballfelder groß, ist wie eine ruhige Insel im munteren Treiben der Metropole, obwohl jedes Jahr fast zehn Millionen Menschen kommen – zum Joggen, Flanieren, Radeln, Musikmachen, Picknicken, Rosenbestaunen, Dahindösen. Im südwestlichen Teil lockt eine Gartenwirtschaft mit altem Baumbestand zu Speis und Trank.

Coffee Shop

Joint venture: Coffeeshops gehören einfach zum Stadtbild.

Amsterdam, geführt von der linksliberalen Bürgermeisterin Femke Halsema, strahlt eine durchaus zuweilen grazile Lässigkeit aus, kein Vergleich mit hektischen Großstädten, die Leute schreiten eher durch die Stadt, der alte Gebäudebestand – es gibt 8000 Baudenkmale – wirkt offenbar beruhigend. Und natürlich ist es der Gürtel mit 100 Grachten, die 40 Zentimeter unter dem Meeresspiegel der Nordsee liegen und durch Schleusen geschützt sind, der als UNESCO-Welterbe geschützt ist und mit seinen ungezählten Booten und Bötchen überall Urlaubsflair versprüht: das Venedig des Nordens. Die Steuern für ein Gebäude wurden früher übrigens nach der Breite am Kanal bemessen, deswegen gibt es so viele zigarrenschachtelbreite Fassaden am Wasser. Die Fassade am Gebäude Am Singel 7 misst nur gut einen Meter vorne, hinten aber sind es sieben. Das kleinste Haus aber ist in der Oude Hoogstraat 22 zu finden: 2,02 Meter breit und fünf Meter tief. Schnuckelig.

Pythonbrücke

Die Pythonbrücke überspannt den Kanal zwischen Sporenburg und der Insel Borneo in den östlichen Docklands.

Man kann von Amsterdam aus auch mit dem Rad an die Küste fahren. Zandvoort – wo unlängst wieder der Formel-1-Zirkus Station machte – hat einen breiten Strand, eine herrliche Küste vor herber Dünenlandschaft, der breiteste ist weiter nördlich der Ijmudenstrand. Dort herrscht auch reger Fährverkehr nach England. Und wer bei auflaufendem Wasser ein Nickerchen macht, den weckt dann gerne mal eine Welle.

Info & Anreise:

Vom EuroAirport Basel-Mulhouse-Freiburg fliegen täglich KLM und easyjet in anderthalb Stunden nach Amsterdam. Mit dem Auto braucht man für die knapp 700 Kilometer sieben bis acht Stunden.

www.amsterdam.com oder www.bikecity.nl

Literaturtipps: 

Glücksorte in Amsterdam, Theresa Huber/Barbara Klingelhöfer, Droste Verlag, 2020, 14,99 Euro

City Trip Amsterdam, Sabine Burger/Alexander Schwarz, Reise Know-How, 9. Auflage 2020, 12,95 Euro

Fotos: ©  iStock.com/LUke1138, thehague, Michaela Moser, Lars Bargmann, iStock.com/Frank Cornelissen, sbostock