"Deswegen kein Auto": Bärenstarke Freiburger Lastenvelos kommen an STADTGEPLAUDER | 27.05.2017

Fahrradlaster für alle: Seit etwa zwei Jahren gibt’s Lastenvelo Freiburg. Robert Schneider (33) bietet ehrenamtlich Bikes an, die bis zu 180 Kilo tragen können. Rund 450 Freiburger nutzen das Angebot bisher. Für Hochzeiten, Flohmärkte oder Großeinkäufe. Mindestens ein Auto weniger verstopft dadurch die City.

Engagiert: Robert Schneider bietet die Räder seit rund zwei Jahren kostenlos an.

„Ich bin absoluter Fan“, sagt Fabian Urner. Der 29-Jährige fährt zwei Mal im Monat mit dem Lastenrad durch die City – meist für Großeinkäufe beim Supermarkt. Urner ist fürs Künstlercatering im Jazzhaus zuständig: „Mit einem normalen Rad wäre der Transport mega umständlich.“ Ohne die bärenstarken Drahtesel bräuchte er einen Wagen. „Ich habe unter anderem deswegen kein Auto“, schwärmt Urner.

Vor rund einem Jahr saß er zum ersten Mal auf einem „Bullitt“. Das Lastenvelo auf zwei Rädern (es gibt auch Dreiräder) kann bis zu 180 Kilo transportieren – inklusive Fahrer. „Die ersten fünf Minuten waren etwas wackelig“, erinnert er sich. Seitdem fahre es sich wie ein ganz normales Rad.

Möglich macht das Robert Schneider. Der Berufsschullehrer hatte vor zwei Jahren mit vier Freunden die Idee, kostenlose Lastenräder anzubieten. Als Alternative zum Auto. Über Crowdfunding sammelte er fast 8000 Euro, seit dem 20. Juni 2015 kann man die Räder für zehn Euro Pfand leihen. Reserviert wird online. Dort bekommt man einen Code fürs Zahlenschloss.

445 Freiburger sind bisher mit den Velos unterwegs, berichtet Schneider. Erst kürzlich wurde die Flotte auf sieben Räder erweitert: In Kooperation mit dem ADAC und der VAG gibt es nun auch zwei Lastenräder mit Elektroantrieb. Fünf bis zehn Stunden pro Woche kümmert er sich um Lastenvelo. Die Auslastung der Räder liegt bei rund 60 Prozent. Die neuen E-Bikes seien der Renner. „Tiptop“ läuft es bisher, so Schneider.

Groß und kräftig: Bis zu 180 Kilo können die orangenen Velos tragen.

Doch mit der Erweiterung stößt er an Grenzen: „Mehr können wir einfach nicht mehr leisten.“ Mit nur einer weiteren Person betreibt er Lastenvelo derzeit, Verstärkung ist dringend nötig. „Schön wäre langfristig, einen Verein zu gründen“, sagt der Fahrradcrack. Die Räder müssen instandgehalten werden, das System wird verfeinert. Auch eine Selbsthilfewerkstatt ist Teil von Lastenvelo.

Nervenaufreibend war’s Ende des Jahres: Da wurde ein Rad an der Eschholzstraße geklaut. Sechs Wochen später fand Schneider es in der Neunlindenstraße wieder – umlackiert, ohne Transportbox und angeschlossen. Wer der Dieb ist, weiß er nicht.

Seine Kunden nutzen die Velos für Flohmärkte, Möbeltransporte oder Infostände – sogar als Hochzeitsgefährt sei eines schon im Einsatz gewesen. „Sehr praktisch“, findet das auch Nenad Savic. Der 41-jährige Lagerist ist mehrmals im Monat mit dem Lastenrad für Foodsharing Freiburg unterwegs. Er und seine Kollegen retten so Lebensmittel vor der Tonne. Auch die Foodsharer bräuchten ohne die Velos ein Auto.

Bisher stehen die Räder an festen Plätzen. Gerne würde Schneider ermöglichen, sie überall abzustellen. Technisch sei das mit einem Bordcomputer kein Problem. Doch in der Praxis sei beispielsweise unklar, ob Kunden sie an sicheren Orten parken. Die Bordcomputer werden in Kürze eingebaut. Das „Herzstück des Leihsystems“, so Schneider. So können sich Nutzer mit einer Chipkarte an- und abmelden sowie Schäden direkt melden. Die Chips sind schlechte News für Diebe: die Räder können so im Notfall geortet werden.

www.lastenvelofreiburg.de

Text und Fotos: Till Neumann

http://chilli-freiburg.de/02-freiburg/freiburger-lastenvelo-im-chilli-test/