Freiburger Kinopremiere: Hauptdarstellerin Wokalek mit "Freiheit" zu Gast im Friedrichsbau Kinonews | 29.01.2018 | Erika Weisser

Auf den Straßen Freiburgs ist Johanna Wokalek nicht mehr so oft anzutreffen wie zu den Zeiten, da sie hier ins Friedrich-Gymnasium ging. Um sie zu sehen, muss man schon ins Kino: In Jan Speckenbachs „Freiheit“ ist sie Hauptdarstellerin; sie spielt darin eine moderne Nora nach dem Ausbruch aus ihrem Puppenheim.

Nora ist denn auch ihr Filmname. Und als solche durchstreift sie, ziemlich verloren wirkend, ziel- und planlos die Straßen Wiens. Dabei ist die gebürtige Freiburgerin dort bestimmt nicht verloren: Mehr als 20 Jahre lebte sie in Wien, zunächst als Studentin am Max-Reinhardt-Seminar, dann als Schauspielerin am Burgtheater. Als Nora bewegt sie sich indessen irgendwie schlafwandlerisch durch die Stadt, scheint von ihrer Umgebung keine Notiz nehmen, nicht mit ihr in Kontakt treten zu wollen.

Kein Wunder: Wie später zu erfahren ist, hat Nora genug mit sich selbst zu tun, muss, nachdem sie Ehemann und zwei Kinder eines Abends ohne erkennbaren Grund allein im wohlgeordneten Eigenheim in Berlin zurückließ, sich und ihrem Leben eine neue Orientierung geben. Sie orientiert sich an der Donau – und landet in Bratislava, wo sie ein wenig aus ihrer Lethargie auftaucht: Sie findet einen Job und macht die Bekanntschaft einer Frau, die in einem Live-Sex-Show-Theater arbeitet und glückliche Ehefrau und Mutter ist. Als Zaungast nimmt Nora an deren Familienleben teil, wird dabei aber zu sehr an ihr eigenes erinnert.

Dieses geht, so zeigt der zweite, parallel verlaufende Handlungsstrang, auch ohne sie weiter. Noras Mann Philip, ein viel beschäftigter Anwalt, tut sich gerade zwar recht schwer mit der Pflichtverteidigung eines Mannes, der „einfach so“ einen Afrikaner ins Koma geprügelt hat, doch er kriegt den anstrengenden Alltag mit den beiden halbwüchsigen Kindern einigermaßen gemanagt. Es bleibt ihm auch nichts anderes übrig. Wobei er zusehends vereinsamt und seine Handlungsspielräume enger werden – in demselben Maß, in dem sich ihre erweitern: Noras Freiheit wird Philip zur Fessel.

Speckenbach liefert keine Erklärungen und keine Patentrezepte. Er regt nur dazu an, über den Begriff „Freiheit“ zu reflektieren. Und Johanna Wokalek spielt dabei eine großartige Rolle.

Freiheit Deutschland/Slowakei 2017
Regie: Jan Speckenbach
Mit: Johanna Wokalek, Hans-Jochen Wagner, Andrea Szabová u.a.
Verleih: Film Kino Text
Laufzeit: 100 Minuten
Kinostart: 8. Februar 2018

Fotos: © Film Kino Text