Gefährliche Klarinette: „Die Haiducken“ wollen das Jazzhaus zum Glühen bringen STADTGEPLAUDER | 30.11.2017 | Till Neumann

Wenn die fünf anfangen zu spielen, kann man kaum stillhalten. Mit Gitarre, Akkordeon, Cajón, Kontrabass und Klarinette kreieren die Haiducken Klezmer- und Balkansounds, die so ziemlich jeden zum Tanzen bringen. Nach fünf Jahren Bandgeschichte haben die Freiburger nun ihr erstes Album aufgenommen. Grund genug, ihnen einen Besuch im Proberaum abzustatten.

Di nakht iz far dansing, heißt das Debütalbum. Die Nacht ist zum Tanzen da. Und das tut man bei den Haiducken am besten im Kreis – bei Vollmond um ein Lagerfeuer. So zu sehen auf dem Cover der neuen Scheibe. Die Releaseparty dürfte anders laufen: Am 9. Dezember feiern die Jungs im Jazzhaus, Feuer auf der Bühne gab’s dort noch nicht. Ob sie das trotzdem machen? „Klingt ziemlich nice, müsste man mit dem Jazzhaus abklären“, sagt Klarinettist Andreas Kinzelmann. Mit seinen Bandkollegen sitzt der 29-Jährige im Probe­raum in der Schwarzwaldstraße. Es gibt Bier aus der Bügelflasche.

Ein Nein des Jazzhauses zum Bühnenfeuer ist wahrscheinlich. Auch wenn die Betreiber den Haiducken gut gewogen sind. Beim Nachwuchscontest „Die Rampe“ im Sommer ist man auf die Gruppe aufmerksam geworden. Nur knapp landeten die Haiducken auf Platz zwei. „Uns haben drei Publikumsstimmen gefehlt“, erinnert sich Gitarrist Mario Hamann. Ein paar Kumpel hätten das Voting knapp verpasst. Schwamm drüber. Dort Release zu feiern, finden sie großartig: „Die coolste Location der Stadt“, schwärmt Kinzelmann. Auch ohne Feuer soll das eine glühend heiße Party werden.

Wenn Die Haiducken auf die Bühne kommen, ist im Publikum oft kein Halten mehr.

Die Haiducken legen sich mächtig ins Zeug. Rund 80 Konzerte haben sie bisher gespielt, allein 30 waren es in diesem Jahr. Unter anderem beim ZMF, bei Freiburg Stimmt Ein und Rock am Bach. „An einem Wochenende hatten wir vier Shows“, erzählt Kinzelmann. Ein knackiges Jahr. Alle fünf haben Jobs, wuppen die Band nebenher.

Seit einem Jahr arbeiten sie am Album. Und haben dafür weder Kosten noch Mühen gescheut? „Mühen nein, Kosten ja“, sagt Akkordeon-Spieler Jörg Reinhardt und lacht. In Handarbeit und mit viel Geschnipsel seien die Stücke aufgenommen und zusammengebaut worden. Das letzte Klarinetten-Solo war erst kurz vor der CD-Pressung im Kasten. Jetzt ist alles fertig? „Falsche Frage, nächste Frage“, sagen sie und grinsen. Nur eines ist sicher: Im Jazzhaus ist die Scheibe erhältlich. Einmalig für sechs statt zwölf Euro.

Aufgenommen haben sie es auch in einer Schwarzwaldhütte bei Furtwangen. Mit Decken und Handtüchern wurden Räume gedämmt. Unter anderem eine Besenkammer und ein WG-Zimmer mussten herhalten. Fünf Lieder waren geplant, zwölf sind es geworden. „Beim fünften kam mein erster Schweißausbruch“, scherzt Jörg Reinhardt, der für Aufnahme und Mix zuständig ist.

„Ziemlich cool“, finden sie die Scheibe. Vier selbst komponierte Stücke sind drauf. Dazu acht traditionelle Lieder, die sie in ein neues Gewand packen. Bis zu 100 Jahre alt sind die Stücke, viele davon vom Klezmer-Musiker Naftule Brandwein. „Wir machen sie opulenter, moderner, tanzbarer“, sagt Kontrabassist Mutram Peters. Die eigenen Fassungen gefallen ihnen besser als das Original.

Die Band ist ein Schmelztiegel, die Einflüsse vielfältig: Metal, Blasmusik, Klassik, Jazz. „Wir können Klezmer und Balkan gar nicht traditionell spielen“, sagt Mario Hamann. Dafür bauen sie Gimmicks in ihre Lieder ein. Auf dem Album sind ein Metal-Riff, Orgelakkorde, ein Didgeridoo und sogar ein Lineal zu hören.

Die Melange bringt die Band virtuos auf einen Nenner, wie sie bei der Probe zeigen. Nur die Percussion fehlt an diesem Mittwochabend in den Räumen der Chor- und Orchestergesellschaft Orso. Denn Matthias „Matze“ Kombrink ist derzeit in Ecuador, sein senegalesischer Ersatzmann Beuz Thiombane an dem Abend krank. Der Energie tut das keinen Abbruch. Die Instrumentalstücke entfalten nach wenigen Augenblicken Wirkung, spätestens wenn Andreas Kinzelmann mit aller Kraft in seine Klarinette pustet. „Nach den Konzerten bin ich tot“, scherzt der Referendar.

Grundsympathisch kommen die Musiker daher. Trotz ihres gefährlich klingenden Namens. Haiducken waren einst Gesetzlose, Wegelagerer, Plünderer. „Im 19. Jahrhundert hat sich das verändert, Haiducken standen für soziale Gerechtigkeit ein“, erklärt Kinzelmann. Es seien Freiheitskämpfer gewesen, die armen Menschen helfen. „Wir würden uns als die Robin Hoods des Balkan bezeichnen“, sagen sie. Kinzelmann ergänzt: „Gefährlich klingt höchstens die Klarinette.“

Fotos: © Fionn Große; Haiducken