Hommage an das „Rauschmittel Leben“: Andreas Altmann liest im Bettenhaus Stiegeler STADTGEPLAUDER | 22.03.2017

Wie fühlt es sich wohl an, wenn einem das Leben beim Leben zusieht? Wenn es jeden Tag wissen will, ob man sich des Geschenks, auf der Welt sein zu dürfen, als würdig erweist? Oder ob man es faul, unbedacht und gleichgültig vergehen lässt – eben so, als würde es einen nicht beobachten, ja belauern? Andreas Altmann, der gleich am Anfang seines gerade erschienen 20. Buchs von derlei subjektiven Wahrnehmungen und Erfahrungen schreibt, kann diese Fragen vielleicht beantworten, wenn er es am Freitag, 24. März im Freiburger Bettenhaus Stiegeler vorstellt.

„Gebrauchsanweisung für das Leben“ heißt es und es sind darin, wie der für die Lesung ausgesuchte Ort womöglich vermuten lässt, ganz gewiss keine harmlosen Gute-Nacht-Geschichten niedergeschrieben. Und schon gar keine beruhigenden Abendgebete; mit denen und dem ganzen Drumherum hat es der aufgeweckte Reisereporter ohnehin nicht so sehr, wie er eingesteht – und seine Leser wissen. Altmann hat vielmehr vehemente, ja stürmische Liebeserklärungen eines Ruhelosen verfasst. Flammende Liebeserklärungen eines weit Herumgekommenen an das Leben und die Geschichten, die es bereithält. Eine unbedingte und mitreißende, ja süchtige Hommage an das „Rauschmittel Leben“, das man sich „gut einteilen“ müsse. Denn es „soll für achtzig Jahre halten.“

Richtige Tipps für diese achtzig Jahre sind in Andreas Altmanns Gebrauchsanweisung indessen nicht zu finden; er maßte sich auch gar nicht an, eine zu liefern: Hatte der Weltreisende schon beim Verfassen der – ebenfalls in der gleichnamigen Piper-Reihe erschienenen – „Gebrauchsanweisung für die Welt“ den Verdacht, dass ihn ein „unschuldiger Größenwahn antreibt“, so fühlte er sich beim Schreiben des neuen Buchs gar auf dem „Gipfel des Übermuts“, wie im Vorwort zu lesen ist.

Es ist dann auch eher eine Sammlung von Erlebnissen, Gedanken und Reflexionen über bestimmte Themen entstanden. Themen, die ihrerseits, zusammen mit oft ganz kleinen Momenten des Alltags wichtige Bestandteile eines Lebens sind. Altmann schreibt etwa über Kindheit und Mut, über Liebe und Angst, über Heimat und Schmerz, über Frauen und besondere Orte, über Tod und Abenteuer, Über Freundschaft und Glück, über Arbeit und – die Anderen. Und noch viel mehr. Es sind teils besinnliche, teils aufrüttelnde, provokative Abhandlungen – als Summe der Erfahrungen, Begegnungen und Geschichten, die das Leben offenbar so zahlreich für ihn bereithält. Und die er in eine virtuose, packende und schier unerschöpfliche Sprache zu packen versteht.

Und so gehören seine Überlegungen zu Sprache, diesem „Weltwunder des menschlichen Geistes“ zu den schönsten Passagen des Buchs. Nicht nur, weil sie ihren Ausgangspunkt in der – nicht nur nach Andreas Altmanns Auffassung – „wunderschönsten Buchhandlung der Welt“ nehmen: der Livraria Lello e Irmão in Porto. Dort, in dieser singulären, überwältigenden Harmonie von Literatur und Architektur, sei ihm klar geworden, wie „atemberaubend (gebundene) Sprache aussehen“ kann.

Text: Erika Weisser / Fotos: © Ulli Seer, Michal Huniewicz

Gebrauchsanweisung für das Leben
Andreas Altmann
Verlag: Piper 2017
240 Seiten, Flexcover
Preis: 15 Euro

Lesung in Freiburg: Mittwoch, 9. März 2017, 19.30 Uhr im Bettenhaus Stiegeler am Augustinerplatz (Gerberau 34/36)