HWK und IHK investieren viel Arbeit in Flüchtlinge STADTGEPLAUDER | 30.05.2016

Bei der Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt „wird uns Kammern eine Schlüsselrolle zugeordnet“, sagte der Freiburger Handwerkskammerpräsident Johannes Ullrich unlängst vor Journalisten. Die Zuwanderung sei eine gute Chance, man habe keine Zeit zu verlieren. Allerdings weiß Ullrich wie auch Steffen Auer, Präsident der Industrie- und Handelskammer Südlicher Oberrhein, dass es viele Jahre dauern wird, bis ein Flüchtling in einem Betrieb wirklich eine gute Rolle spielen kann.

„Die Flüchtlinge werden den Fachkräftemangel nicht lösen“, sagte Auer. Und belegte das mit Zahlen: Unter den rund 200.000 Flüchtlingen, die nun in Baden-Württemberg sind, seien 80 Prozent ohne jeden Schul- oder Berufsabschluss, zehn Prozent Akademiker und zehn Prozent Facharbeiter. Um junge Menschen für eine duale Ausbildung zu interessieren, brauche es viel Überzeugungskraft. Viele Zuwanderer wollen lieber gleich richtiges Geld verdienen – womöglich, weil sie bei ihren Schleusern in der Kreide stehen.
 
Das aber ist in einer hochtechnisierten Arbeitswelt, in der von Handwerk 4.0 und Industrie 4.0 gesprochen wird, kein langfristig sinnvolles Modell. Nur wenn die Menschen qualifiziert werden – sprachlich und beruflich –, können sie irgendwann mal selber sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen erklimmen. Die Geflüchteten, so Ullrich, seien zwar sehr motiviert, doch genau diejenigen, die dann noch für eine duale Ausbildung infrage kämen, würden lieber studieren wollen.

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„Man muss die Erwartungen sehr stark anpassen“, sagte HWK-Geschäftsführer Wolfram Seitz-Schüle. Es sei schwer, den Menschen klarzumachen, dass es sich lohnt, zwei, drei Jahre in eine ordentliche Ausbildung mit kleinerer Lohntüte zu investieren. Aktuell rechne er für das kommende Ausbildungsjahr 2016/2017 nur mit rund 20 Azubis, die geflüchtet sind.
 
Diesen Menschen die deutsche Sprache und die deutsche Arbeitskultur beizubringen, sei eine „extreme Herausforderung“. Für IHK-Hauptgeschäftsführer Andreas Kempff ist dabei klar, dass „wir nicht die gleichen Fehler wie in den 70ern mit den Gastarbeitern machen dürfen“. Die Integration der Geflüchteten entscheidet sich sicher am Arbeitsmarkt – aber nicht vor 2025.

Text: Lars Bargmann/Foto: © Badische Zeitung / Nadine Zeller