Kino-Tipp: Frühstück bei Monsieur Henri Kinonews | 21.07.2016

Schon an Monsieur Henris Wohnungstür wird deutlich, dass die soeben in Paris eingetroffene Studentin Constance eine ziemlich hindernisreiche Wegstrecke vor sich hat: Sie muss mehrmals klingeln und klopfen, bis der alte Griesgram bereit ist, die Tür mehr als eine Handbreit zu öffnen und ihr das Zimmer zu zeigen, das sein Sohn Paul gegen seinen Willen zur Vermietung ausgeschrieben hat. Zwar ist Constance von Henri ebenso wenig begeistert wie er von ihr, doch übertrifft sie ihn an Hartnäckigkeit: Sie bekommt schließlich das Zimmer, das ihr zwar nicht gefällt, das weit und breit aber das einzige bezahlbare ist.

Schauspielerin Noémi Schmidt als Constance

Bis dahin hatte sich die junge Frau eher durch Auf- und Nachgeben hervorgetan, war in Prüfungen stets gescheitert, so, wie ihr Vater dies immer vorausgesagt hatte. In Paris wollte sie einen Neubeginn schaffen, sich eine berufliche Karriere eröffnen. Und gerät ausgerechnet in die Wohnung und in die Launen des alten Mannes, der lieber allein geblieben wäre, um in Ruhe weiterhin um seine vor vielen Jahren verstorbene Frau zu trauern. Und sich über seinen Sohn aufzuregen, der seines Erachtens die falsche Frau geheiratet hat.

So geht es denn auch gleich gehörig schief in der neuen „Wohngemeinschaft“: Henri schreibt Constance auf Schritt und Tritt vor, was sie zu tun – und vor allem zu lassen hat, in der Hoffnung, sie doch noch loszuwerden. Sie widersetzt sich indessen dem einen oder anderen Gebot. Mit dem Erfolg, dass er umso genervter ist und seiner Streitlust freien Lauf lässt.

Claude Brasseur als Monsieur Henri

Als Constance trotz eines Bedienungsjobs schließlich die Miete nicht vollständig bezahlen kann, sieht Henri seine Stunde gekommen: Er schlägt ihr einen Deal vor, nach dem sie ein halbes Jahr mietfrei bei ihm wohnen kann – wenn sie es schafft, seinem Sohn Paul so den Kopf zu verdrehen, dass dieser sich von seiner Frau Valérie trennt. Ansonsten droht er mit der fristlosen Kündigung.

Constance, die gerade wieder eine Klausur in den Sand gesetzt hat, bleibt keine Wahl. Sie geht auf das Angebot ein – wenn auch nur widerwillig. Über den Erfolg oder das Scheitern dieses Intrigenspiels sei hier nichts verraten; es ist aber eine höchst amüsante und von allen Beteiligten wunderbar erfrischend gespielte Strecke im Film. Und eine höchst charmante dazu: Die schweizerische Newcomerin Noémi Schmidt verkörpert die Rolle der ewig abgebrannten und erfolglosen Constance mit einer derart liebenswerten Präsenz, dass sich mit der Zeit sogar der ewig verbitterte, von Altmeister Claude Brasseur routiniert in Szene gesetzte Meckerer Henri für sie erwärmt. Rein platonisch, natürlich. Dafür aber umso nachhaltiger.

Frühstück bei Monsieur Henri

Frühstück bei Monsieur Henri

Frankreich 2015

Regie: Ivan Calbérac

Mit: Claude Brasseur, Noémie Schmidt u.a.

Verleih: Neue Visionen

Laufzeit: 98 Minuten

Start: 21.7.2016

Text: Erika Weisser / Fotos: © Neue Visionen