Kummer mit dem Kümmerer: IHK kritisiert Landkreis Emmendingen SPECIALS | 29.07.2017

Der Fachkräftemangel ist mittlerweile die größte Sorge der südbadischen Wirtschaft. Das ergab die aktuelle Konjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer (IHK) aus Freiburg. IHK-Präsident Steffen Auer plädiert für einen Masterplan zur Integration von Flüchtlingen. Umso mehr verwundert es, dass sich in der Praxis Institutionen offenbar gegenseitig im Weg stehen. Statt praxisnaher Lösungen gibt es falschen Aktionismus und Bürokratie pur.

Schlimme Vergangenheit, bessere Zukunft: Flüchtlinge in den deutschen Arbeitsmarkt zu integrieren, ist eine Mammutaufgabe.

So kritisieren Auer und auch sein Hauptgeschäftsführer Andreas Kempff, dass die Vermittlung von Flüchtlingen – etwa in Praktika, Ausbildungen oder feste Jobs – nicht allein in den Händen von Arbeitsagentur und Wirtschaftsverbänden wie der IHK oder der Handwerkskammer samt Innungen steht. Konkret stören die beiden sich am Beispiel Emmendingen. Hier mischt der Landkreis mit. Warum eigentlich?

Beim Landkreis gibt es eine eigene Ausbildungsstiftung. Zu deren selbst gesteckten Aufgaben gehört auch, Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Zwei Mitarbeiterinnen teilen sich eine Stelle.

Solche Flüchtlingskümmerer gibt es bei der Handwerkskammer und der IHK auch. Alle Stellen werden vom Staat bezuschusst. Doch der Topf, aus dem das Fördergeld kommt, ist nicht allzu prall gefüllt. Im vergangenen Jahr führte das dazu, dass die IHK statt der beantragten zwei Stellen nur eine bekam. Das andere Geld floss nach Emmendingen. Und während bei der IHK Anfragen eingingen, die man nicht bearbeiten durfte, weil sie in die Zuständigkeit des Landratsamtes fielen, gab es den Posten dort noch nicht mal.

„Wir hatten Schwierigkeiten, die Stellen pünktlich zu besetzen“, räumt Ulrich Spitzmüller, Pressereferent beim Landkreis, ein. Zum 1. Januar 2016 war die Stelle genehmigt und hätte ihre Arbeit aufnehmen können. Doch Emmendingen habe trotz großer Stellensuche keinen geeigneten Kandidaten gefunden. Nach der Sommerpause wurden zwei Mitarbeiterinnen des Landkreises auf den Posten versetzt.

In der Wirtschaft ist das offenbar noch nicht vollends angekommen. Beim Autohaus Schmolck zeigt man sich überrascht, dass der Landkreis sich hier überhaupt engagiert. Schmolck ist einer der größten Ausbilder im Landkreis und zudem Gründungsmitglied der Ausbildungsstiftung. Aktuell arbeiten drei Flüchtlinge im Unternehmen, ein vierter kommt demnächst dazu. „Beraten hat uns dabei die Innung und der Flüchtlingskümmerer von der Handwerkskammer“, sagt Personalleiter Frank Wiederle. Vom Engagement des Landkreises wusste er bislang gar nichts.

Bei der IHK kümmert sich Ibrahim Sarialtin um die Flüchtlinge und Anfragen aus den Unternehmen. Sarialtin, der für die Grünen im Freiburger Gemeinderat sitzt, hat in sechs Monaten bereits mehr als 50 Flüchtlinge in Arbeit vermittelt. Viel, der IHK aber nicht genug. Sie will sich daher nun um eine zweite Stelle bemühen und hofft auf den Zuschuss vom Staat. Könnte sich dabei aber wieder mit dem Landkreis Emmendingen in die Quere kommen. Denn auch dort soll die Stelle neu beantragt werden. „Wir sehen darin eine große Aufgabe“, sagt Spitzmüller.

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„Flüchtlinge im Unternehmen – Praxisleitfaden für eine gelungene Einstellung und Integration“
Autoren: Thomas Batsching und Tim Riedel
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Text: Philipp Peters / Foto: © pixabay.com