Längst nicht in trockenen Tüchern: Dietenbach-Eigentümer zögern bei Kaufangebot SPECIALS | 17.08.2017

Bevor die Stadt Freiburg den neuen Stadtteil Dietenbach richtig anpacken kann, muss erst einmal der Boden dafür bereitet werden, im Wortsinn: Sehr viele Grundstücke müssen noch den Eigentümer wechseln. Das Rathaus hat das jahrelang versucht, mit sehr überschaubarem Erfolg.

Noch im Wartezimmer: Neben dem Rieselfeld soll Freiburgs jüngster Stadtteil wachsen.

Dann hatten Baubürgermeister Martin Haag und Rechtsanwalt Thomas Burmeister eine zündende Idee: Die Sparkasse Freiburg steigt als Investor ein und kann den 412 privaten Eigentümern etwa das Vierfache von dem zahlen, was die Kommune hätte zahlen dürfen: 15 Euro auf den Quadratmeter. Die Bank bietet 64 an. Große Hoffnungen wurden seither an den Deal am Dietenbach geknüpft. Diese haben sich bisher jedoch nur teilweise erfüllt.

„Da ist zwar noch Luft nach oben, aber die Vorgabe von der Sparkasse, dass mindestens 40 Hektar zusammenkommen müssen, die haben wir erfüllt“, sagt Burmeister. Er gehe davon aus, dass im Herbst die nötigen Optionsverträge vor einem Notar beurkundet werden können. Und er geht auch davon aus, dass bis dahin noch weitere Eigentümer auf den Zug aufspringen werden. Aktuell vertritt seine Kanzlei mehr als 220 Eigentümer. Aus Sicht des Eigentümerbeirats scheint der Prozess derzeit „etwas auf der Stelle zu treten“, wie dessen Sprecher Clemens Imberi es ausdrückt.

Die Sparkasse wird anders als geplant für die Abwicklung keine GmbH, sondern eine Kommanditgesellschaft gründen, an der sich wohl auch der Sparkassenverbund beteiligen wird. „Wenn es richtig losgeht, dann sprechen wir von dreistelligen Millionenbeträgen, das wollen wir nicht ganz alleine verantworten“, sagt Marcel Thimm dem chilli.

Der Sparkassen-Chef bestätigt auch die Recherchen des Freiburger Stadtmagazins, wonach bei der Finanzierung des Stadtteils immer noch ein Millionendefizit droht. Die Kosten sind auf 613 Millionen Euro taxiert. Die Stadt rechnet – nach Nachbesserungen – zwar aktuell mit einem ausgeglichenen Etat. Diese Null basiert aber auf den 15 Euro pro Quadratmeter. Wenn die Bank 64 bezahlt, ergibt sich, wenn alle 82 privaten Hektar gebraucht würden, eine Lücke von bis zu 39 Millionen Euro. Egal, wie groß das Delta sein wird, es müsse ausgeglichen werden, so Thimm. Für die Bank müsse unterm Strich eine schwarze Null stehen. Wie das gehen soll? Das müsse er dem Rathaus überlassen.

Das geht vermutlich nur, wenn noch höhere bauliche Dichten zugelassen werden oder es noch mehr Bauland gibt.. Oder, was bisher tabu war, wenn Finanzbürgermeister Otto Neideck doch noch den Stadtsäckel öffnet.

Das Planungsgebiet ist 164 Hektar oder 234 Fußballfelder groß, die gute Hälfte gehört Privaten, die andere der Stadt Freiburg (52 Hektar), dem Land (22) und dem Bund (6). Gut 107 Hektar können bebaut werden, 59 oder 84 Kickplätze mit Wohnhäusern. Die Sparkasse kauft nur Flächen, die innerhalb der 107 Hektar liegen. Es kommt – vor dem Gang zum Notar – darauf an, so schnell und exakt wie möglich zu erheben, wie die Grundstücke der Privaten im Plangebiet genau liegen. Es wird nicht wenige geben, die Flächen haben, die nur teilweise im Bauerwartungsland liegen – das ist ein durchaus nicht nur zeitintensiver Job. Auf der anderen Seite läuft die Uhr bei der Entwicklung des Stadtteils, der bis zu 12.500 Menschen ein Zuhause geben soll. Der Boden muss bis Ende des Jahres bereitet sein. Ansonsten könnte das Konsensmodell auch noch scheitern.

„Ich halte das politisch für den Durchbruch“, hatte Oberbürgermeister Dieter Salomon bei der Vorstellung des Modells gesagt. Auf dem Platz ist der Durchbruch noch nicht geschafft.

Text: Lars Bargmann / Foto: © ns