Lässig feiern, fest glauben: Ein Australier veranstaltet in Freiburg Silent Partys STADTGEPLAUDER | 23.10.2017

Nathan Thurlow feiert seit gut einem Jahr sein New Heart Festival in Freiburg. Der 34-jährige Australier bietet leuchtende Bluetooth-Kopfhörer an, die Besucher können zu einem von drei Musikkanälen tanzen. Außerdem verteilt er bei den stillen Partys selbstgemachten Chai-Tee und Snacks. Das Festival ist umsonst und draußen. Für Thurlow ist es eine Frage des Glaubens.

Ein lauer Sommerabend in Freiburg. Kinder, Jugendliche und Erwachsene tanzen auf dem Stühlinger Kirchplatz. Es ist ziemlich still. Trotzdem ist die Stimmung ausgelassen. Man fühlt sich wie in einer anderen Welt. Es ist die der Silent Partys von Nathan Thurlow.

Der Australier ist mitten im Wald aufgewachsen, erzählt er mit ruhiger Stimme. In einem Ort mit 50 Einwohnern und einer Straße. Mit 18 begann er zu reisen. Rund 15 Jahre war er mit One-way-tickets unterwegs und arbeitete für Kost und Logis. Überall suchte er nach dem Sinn des Lebens – im Buddhismus oder bei Sex, Drugs and Rock’n’Roll.

Vor rund zwei Jahren änderte sich sein Leben schlagartig: Die Freundin verließ ihn mit ihrem gemeinsamen Sohn und zog zurück nach Deutschland. „Für mich brach eine Welt zusammen, ich endete im tiefsten Loch”, erzählt er auf Englisch, sein Deutsch ist gebrochen.

Gerade da stellte er jedoch fest, dass Gott ihn liebt, und zwar in jeder Lebenslage. Und so kam ihm die Idee zum Festival. Mit seinen Partys wisse er endlich, was er mit den Menschen teilen will: „Es ist das erste Mal in meinem Leben, dass ich fähig bin, andere zu lieben, ohne etwas zurück zu wollen”, sagt er.

Warum gerade stille Partys? Thurlow hat es schon immer genossen, anderen Tee zu machen und zu tanzen. Doch: „Als ich das erste Mal von Silent Partys hörte, dachte ich, das wäre idiotisch und unsozial”, erinnert er sich und lacht. Es sei aber ganz anders: Endlich könne man mit seinen Freunden auf dieselbe Party gehen – auch bei unterschiedlichem Musikgeschmack. Jeder tanzt zu dem, was ihm gefällt – drei Kanäle laufen parallel.

Teilt gerne: Partymacher Nathan Thurlow.

„Es ist wie ein dreistufiges Musikfestival. Man kann dort tanzen, wo man normalerweise nicht tanzen kann, und niemand wird dabei gestört,” erzählt er. In letzter Zeit habe er festgestellt, dass man ohne Alkohol, Drogen oder der Suche nach Sex sogar einen besseren Abend haben kann: „Einfach nur auf der Erde, unter den Sternen mit Freunden, Musik und einer Tasse Tee.”

Für seine Festivals fährt er mit seinem langen Holzfahrrad wechselnde Locations an: den Opfinger See, den Stühlinger Kirchplatz oder den Platz der Alten Synagoge. Das Festival auf die Beine zu stellen war kein leichtes Unterfangen. Eines der größten Probleme sei, eine Genehmigung von der Stadt zu bekommen. Rund 25.000 Euro hat Thurlow ins Projekt investiert.

Anfangs hatte er in Freiburg nur ein paar hundert Euro im Geldbeutel. Nach rund sechs Monaten harter Arbeit und mit der Unterstützung eines Freundes war das nötige Geld jedoch zusammengespart. Heute lebt das New Heart Festival von Spenden und freiwilligen Helfern.

Sein erstes Event vor rund eineinhalb Jahren stand unter keinem guten Stern. Ein heftiger Regenschauer brach über dem Festival herein. „Innerhalb von zwei Minuten war jeder nass bis auf die Unterhose”, erzählt Thurlow. „Und in der Mitte des Schlamassels sah ich mein hochsensibles, nicht-wassergeprüftes Equipment.” Am nächsten Morgen war der Regen verzogen, eine Frage blieb: aufgeben oder weitermachen? Er gab dem Ganzen auf dem Susi-Sommerfest nochmal eine Chance und „seitdem war jedes der rund 50 Events ein Wunder”.

Das New Heart Festival ist für ihn eine Frage des Glaubens: „Das Projekt ist nur möglich, weil ich realisiert habe, dass Gott Liebe ist und ich mein Leben Gott widmen will.” Dazu wolle er niemanden in die Kirche schicken. Auch tanzen und teilen kann spirituell sein.

Text: Marie Romer / Fotos: © Béla Namyslik