Leid, Last, Zuversicht: Zwei Flüchtlingsfrauen kämpfen für ihr neues Leben STADTGEPLAUDER | 04.11.2017

Kleine Zimmer, wenig Betreuung, hohe Lernbereitschaft. Eine Studie zeigt die Integrationspotenziale und Probleme von Flüchtlingsfrauen in Deutschland. Davon berichten auch zwei Geflohene in Freiburg: Fahima aus Eritrea und Masima aus dem Kosovo (Namen geändert).

Unterwegs: Masima und Fahima integrieren sich in ihrer neuen Heimat.

„Wann wird es besser?”, fragt Fahima. Sie kam 2015 mit ihrem Mann aus Eritrea nach Deutschland. Seit rund zwei Jahren ist sie in Freiburg. „Am Anfang war es sehr stressig für mich”, erzählt sie. Das liegt auch daran, dass sie eine Anlaufstelle gefunden hat: Das BiFF – Bildung und Begegnung integriert Flüchtlingsfrauen, eine Initiative der Waisenhausstiftung Freiburg.

An fünf Tagen die Woche lädt das BiFF Flüchtlingsfrauen mit Kindern ins Begegnungscafé ein. In den Räumen des Heilpädagogischen Hortes bemühen sie sich, ein niedrigschwelliges Integrationsprojekt anzubieten. Man trifft sich, lernt Deutsch, kümmert sich um die Kinder.

An Integrationsangeboten für Frauen wie Fahima mangelt es in Deutschland nicht. Dafür hakt’s oft bei der Kinderbetreuung. Beim BiFF ist diese gewährleistet: Tagesmütter kümmern sich um die Kleinen, während die Eltern die neue Sprache lernen.

Auch Masima aus dem Kosovo kommt zum BIFF. Vor vier Jahren verließ sie mit ihrem Mann und den beiden Söhnen ihre Heimat. Genau wie Fahima wird sie für ihr großes Engagement mit einem externen Deutschpaket gefördert. Nur drei der 15 BiFF-Frauen sind dafür ausgewählt. Die Kosovarin kann Serbisch, Romanisch, Albanisch „und ein bisschen Deutsch”. Genug, um vom neuen Leben zu erzählen. Hier sei es besser als in ihrer Heimat, sagt sie. Im Kosovo könne sie nicht alleine auf die Straße. „Hier fahre ich sogar Fahrrad”, sagt sie und lacht.

„Arabisch, Tigrinya, Englisch, Urdu, Italienisch und ein bisschen Deutsch”, auch Fahima zählt die Sprachen auf, die sie beherrscht und lacht verlegen. Sie hat fünf Schwestern und zwei Brüder. Eine ist vor Italien ertrunken. In Deutschland zog Fahima mit ihrem Mann nach einem Monat in der Notaufnahmestelle in ein 12- Quadratmeter-Zimmer im Flüchtlingsheim. Drei Monate lang machte sie einen Deutschkurs, dann wurde sie schwanger. Ihr Sohn ist jetzt sieben Monate alt.

Schwere Geburt: Die Schwangerschaft war für die beiden Frauen äußerst kompliziert.

Im Heim teilen sich mehrere Familien Bad und Küche. Wenn das Baby schläft und die Musik zu laut wird, beschwert sich Fahima meist vergeblich. „Das ist normal, das ist Heim”, wiederholt sie bedrückt. Masima wohnt in derselben Unterkunft: „Es ist sehr laut, die ganze Nacht über trinken die Männer Alkohol und rauchen Haschisch.” Wenn sie zu viel trinken, schimpfen sie und schlagen sich. Am schwierigsten sei es für die Söhne (11 und 13), die zur Schule gehen und Schlaf brauchen. Masima hat zudem eine zweijährige Tochter.

Ihre Schwangerschaft hier sei schwer gewesen. Zu schwer. Sieben Mal sei sie in einer Frauenklinik gewesen, um psychologische Hilfe zu bekommen. Die neun Monate der Schwangerschaft musste sie im Bett bleiben. Trotzdem ist sie motiviert, sich hier zu entwickeln. Hier arbeitet Masima zum ersten Mal in ihrem Leben – als Putzhilfe. Im Kosovo hat sie eine Ausbildung als Pädagogin abgeschlossen, aber nie gearbeitet. „Nach der Universität bleiben die Frauen mit ihren Diplomen zu Hause”, sagt sie. Masima hofft, bald eine Ausbildung als Altenpflegerin zu machen.

Auch für Fahima war die Schwangerschaft hier eine Belastung. Damals übersetzte sie im Flüchtlingswohnheim für zwei Familien aus Eritrea. Immer wieder geriet sie bei Konflikten zwischen die Fronten, auch während der Schwangerschaft. Einmal wurde sie geschlagen, hatte starke Schmerzen. Fahima hat einen der begehrten Integrationskurse mit Kinderbetreuung in Aussicht, für den sie wegen ihres Fleißes empfohlen wurde. Zum Jahresende sollen die ersten Heimbewohner in Neubauten mit größeren Wohnungen umgesiedelt werden. Beides macht ihr Hoffnung, dennoch die Frage: „Wann wird es besser?” Sie spricht eigentlich nicht darüber, doch der Stress ist groß. Sie wünscht sich mehr Unterstützung.

Auch Fahima hatte einen schweren Start: „Die ersten zwei Jahre wollte ich immer nach Hause gehen”, erinnert sie sich. Noch immer hat sie schlechte Momente. Doch die schönen Augenblicke werden häufiger: bei Spaziergängen mit ihren Kindern, auf der Arbeit, im Deutschkurs. „Das macht mir Spaß”, sagt sie und strahlt – zumindest ein bisschen.

Text: Bianca Bellchambers & Simona Eftimova

Fotos: © dpa Robert Schlesinger & pixabay

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