Liebe braucht keinen Schwimmkurs: Der Effekt des Wassers ab heute im Kino Harmonie Kinonews | 25.05.2017

Als Kranführer Samir in einer Kneipe im Pariser Vorort Montreuil Mittagspause macht, trifft ihn wie ein Schlag die Liebe: Ein paar Stehtische weiter erwehrt sich eine kleine und zierliche Frau derart resolut und schlagfertig der dreisten Anmachversuche eine von sich überzeugten Macho-Mann, dass Samir sofort völlig hingerissen ist . Doch noch ehe er etwas sagen kann, hat sie das Lokal bereits verlassen.

Das ist auch besser so: In ihrer Wut auf übergriffige Männer hätte die energiegeladene Agathe den schüchternen Bauarbeiter möglicherweise sogleich in diese Kategorie eingeordnet – und nie wieder ein Wort mit ihm geredet. Der frisch Verliebte findet dennoch heraus, wer sie ist: Er sieht gerade noch, wie sie im gegenüberliegenden Hallenbad verschwindet – und folgt ihr kurz darauf. Dort erfährt er, dass sie als Bademeisterin und Schwimmlehrerin arbeitete, die auch Einzelunterricht erteilt.

Später kauft sich Samir eine leuchtend Orangefarbene Badehose samt dunkelblauer Badekappe und meldet sich zu einem Anfängerkurs bei Agathe an. Als es dann endlich soweit ist, gewinnt er schon nach wenigen Schwimmübungsstunden ihr Vertrauen, ihr Interesse und, ja, ihre Zuneigung: Sie erkennt bald, dass sein respektvolles und wertschätzendes Verhalten keine Verstellung ist, dass seine Annähung keine Anmache ist. Was sie hingegen nicht erkennt: Samir ist gar kein Anfänger, sondern sogar ein ziemlich guter Schwimmer. Was sich manifestiert, als ein Beinahe-Tête-à-Tête auf dem Sprungbrett des Hallenbads durch ein paar plötzlich auftauchend Betrunkene gestört wird und Samir, als eine von ihnen ins Wasser stolpert und zu ertrinken droht, kurzerhand in das Becken springt und sie rettet.

Agathe wittert hinter Samirs Verstellung Lug und Trug und schlechte Absichten, packt ihr Handtuch und verschwindet. Nach Island, wohin sie zutiefst enttäuscht reist, um wie geplant an einem internationalen Bademeisterkongress teilzunehmen. Und um sich von ihrem ungeplanten Liebeskummer abzulenken. Freilich hat sie nicht mit Samirs Hartnäckigkeit gerechnet: Er setzt alles auf eine Karte, nimmt Urlaub und reist ihr nach. Es sind indessen noch allerhand Missverständnisse aus dem Weg zu räumen, viele Hindernisse zu überwinden, bis er seinem Ziel näher kommt. Wobei auch eine Kaffeesatzleserin ebenso eine Rolle spielt wie die verschiedenen Effekte des Wassers, die unter freiem Isländischem Himmel natürlich vielfältiger und wirkungsvoller ausfallen als im chlorierten Pariser Hallenbad.

Dieser letzte Film der noch vor seiner Fertigstellung verstorbenen Regisseurin Sólveig Anspach ist durch die reizvolle Mischung aus nüchternen Aufnahmen und verträumten Szenen, durch ihr Gespür für die Zartheit der wenn auch schrulligen und skurrilen Figuren und für leisen Slapstick eine Geschichte geworden, die sich angenehm von anderen romantischen Komödien abhebt, die oft nur abgespult wirken. Dieser Film ist anders und wird bestimmt zu den zärtlichsten Liebesgeschichten des Jahres zählen – ein schönes Vermächtnis.

Text: Erika Weisser / Bilder: © Arsenal Filmverleih

Der Effekt des Wassers
Frankreich/Island 2016
Regie: Sólveig Anspach
Mit: Florence Loiret Caille, Samir Guesmi, Didda Jónsóttir u.a.
Verleih: Arsenal Filmverleih
Laufzeit: 83 min.
Kinostart: 25. Mai 2017 im Kino Harmonie