Mediator Hendrik Fenz hilft bei Konflikten in Unternehmen STADTGEPLAUDER | 03.04.2017

Die missverstandene Mail, das verpasste Meeting – Streit im Büro bricht schnell mal aus. Was aber tun, wenn der Konflikt kein kurzes Strohfeuer ist, sondern sich einfach nicht löschen lässt? In solchen Fällen bieten Konflikt-Experten wie der Freiburger Mediator Hendrik Fenz professionelle Hilfe. Das Spezialgebiet des Turkologen und Islamwissenschaftlers ist der interkulturelle Konflikt. Er weiß: Konflikte belasten nicht nur Mitarbeiter, sondern können Unternehmen richtig teuer zu stehen kommen.

Oft ist der Auslöser eine Kleinigkeit: Der Kollege hat eine Akte falsch abgelegt und schon kracht’s. „Dahinter steckt meist etwas ganz anderes“, sagt Fenz. Zum Beispiel fehlender Respekt, mangelnde Wertschätzung oder ungeklärte Zuständigkeiten. Wenn er von der Unternehmensleitung oder der Personalabteilung auf den Plan gerufen wird, schwelen die Konflikte manchmal schon jahrelang – und haben das Unternehmen oft schon mehrere tausend Euro gekostet. Denn unzufriedene Mitarbeiter kündigen schnell wieder, lassen sich häufiger krankschreiben oder machen nur noch Dienst nach Vorschrift. „Am teuersten sind nicht die Mitarbeiter, die gehen“, so der selbstständige Mediator, „teuer sind die, die bleiben, aber sich innerlich zurückziehen.“

So könne bei der Schadensanalyse in einem großen Unternehmen unterm Strich schon mal ein Schaden von mehr als 100.000 Euro stehen. Konflikte zu lösen sei zwar eigentlich eine klassische Führungsaufgabe. Doch oftmals würden die Positionen aufgrund guter Fachkenntnisse besetzt – ungeachtet der Kompetenz in Sachen Kommunikation. Um die zu verbessern, bietet Fenz auch Coachings an.

Fenz

Mittlerweile ist er damit nicht nur in Unternehmen und Vereinen, sondern auch in Flüchtlingswohnheimen präsent. Geflüchteten aus dem nahen Osten oder aus Afrika sei das Konzept der Streitschlichtung mit Hilfe eines Mediators vertrauter als der westlichen Gesellschaft, weiß Fenz. Denn ein Baustein des dort angewendeten klassischen Konfliktmodells – Sulh genannt – sei, Respektspersonen einzuschalten, die zwischen den verstrittenen Parteien vermitteln. Ein weiterer großer Unterschied zum westlichen Modell sei der Ausgleichsgedanke. „In unserem Rechtssystem geht es darum, wer Schuld und wer Recht hat“, erläutert der Mediationstrainer. „Dort wird hingegen gefragt: Was könnt ihr füreinander tun, damit es dem anderen besser geht?“ Und das beinhaltet auch den Ausgleich von materiellem Schaden.

Bei Coachings und Workshops vermittelt der Privatdozent, wie man dieses klassische Modell in die Konfliktbewältigung im Unternehmen einbauen kann. Ein Patentrezept gebe es dabei nicht: Erst müsse man herausfinden, was tatsächlich hinter einem interkulturellen Konflikt steckt. Das könne von Sprachschwierigkeiten bis hin zu unterschiedlichen Verständnissen der Rolle von Frauen und Männern reichen. In einem Fall wurde Fenz in eine Firma gerufen, weil die Produktivität rapide gesunken war. Es stellte sich heraus, dass die Arbeiter – zum Großteil Türken – Fraktionen für und gegen Erdogan gebildet hatten. Die Fronten hatten sich so sehr verhärtet, dass zwischen den Gruppen gar keine Zusammenarbeit mehr möglich war.

Auch das Verständnis von Macht könne sich je nach Kultur unterscheiden: Während viele deutsche Chefs Mitarbeiter mitentscheiden lassen, statt von oben herab zu regieren, würde solch ein Führungsstil in fast allen nahöstlichen Ländern als Schwäche ausgelegt. Hier sei das Wort des Chefs Gesetz. „Das kann dazu führen, dass die Mitarbeiter auch nichts Konstruktives mehr einbringen, aus Angst, die Führungsperson dadurch zu kritisieren.“

Fenz hilft nicht nur dabei, solche Unstimmigkeiten aufzuklären, sondern erforscht auch selber das traditionelle Konfliktmanagement im Nordirak. Besonders spannend: Seine Besuche von Flüchtlingscamps in Kurdistan. 20.000 Menschen, die bei jedem Wetter in Zelten auf engstem Raum zusammenleben – da ist das Konfliktmanagement nochmal eine ganz andere Herausforderung.

Text: Tanja Bruckert / Bild: Büro für Mediation

Info:

Workshop „Interkulturelles Konfliktmanagement – Wie umgehen bei Konflikten mit islamischem Hintergrund?“

30. März bis 1. April / Freiburger Büro für Mediation I Coaching I Systemdesign