Mord und Landraub: Krimipreisträger Oliver Bottini kommt mit neuem Roman nach Freiburg STADTGEPLAUDER | 05.11.2017

Genau genommen hat seine Karriere als preisgekrönter Autor in Freiburg begonnen. Indirekt zumindest. Denn es war die Freiburger Kommissarin Louise Boni, die dem Schriftsteller Oliver Bottini die ersten Krimipreise brachte. Doch von ihr, die zuletzt 2016 „Im Weißen Kreis“ ermittelte, hat sich der Wahl-Berliner emanzipiert. Erst brachte er den Berliner Hauptkommissar Lorenz Adamek auf die Bühne, nun ist es der Rumäne Ioan Cozma. Der will eigentlich nur noch in Ruhe auf die Rente zusteuern. Doch dann muss er die Ermittlungen beim Mord an der jungen Deutschen Lisa Marthen leiten. Die Tochter eines Großfarmers. Die Spur führt schließlich nach Mecklenburg-Vorpommern.

Oliver Bottini: Recherche in Rumänien

„Die Bega passte zu ihm. Das Leben hatte auch ihn begradigt, das Unkontrollierte, Zornige der frühen Jahre war nun einbetoniert, die gefährlichen Sümpfe ausgetrocknet. Wie die Bega trieb Ioan Cozma mit müdem Fatalismus dahin.“ So führt Bottini seinen neuen Ermittler ein. Doch die Vergangenheit wird ihn einholen und in Bewegung setzen.

Bottini, der Preisträger mit dem großen Erkenntnishunger, hat sich jetzt ins Thema Landraub gegraben. Dachte dabei schnell an Afrika, stellte aber bei der Recherche fest, dass man so weit gar nicht reisen muss: So packte er im Dezember seine Sachen und fuhr – gefördert von der Robert-Bosch-Stiftung – nach Rumänien, nach Temeswar.

Dort traf er sich – eingefädelt übrigens über Kontakte in Freiburg – mit dem örtlichen Kripochef, besuchte NGOs, sprach mit der einstigen Leiterin eines deutschen Kulturinstituts, einem deutschen Farmer, der 4000 Hektar bewirtschaftet und 60 Rumänen Arbeit gibt. Und förderte dabei buchstäblich Landesgeschichte zutage.

Auf der Matrix des Land Grabbing spielt die Geschichte, die mit dem in Nahaufnahme geschilderten Mord ihren Anfang nimmt, die den fatalistischen Cozma, ausgerechnet ihn, zum Ermittlungsleiter macht und schließlich nach Mecklenburg-Vorpommern führt, wo der Vater der Ermordeten seine Heimat hatte.

Je weiter die Handlung voranschreitet, umso spannungsgeladener und vielschichtiger wird der Text von Bottini, der seinem Sprachrhythmus und Sprachgefühl dabei aber treu bleibt. Cozma, dieser völlig unmoderne, einsame, behäbige Ermittler, braucht sehr lange, bis er versteht, worum es überhaupt geht. Und er ist nicht allein in Meck-Pomm, auch andere sinnen auf Gerechtigkeit. Eine Geschichte voller Gier und Machthunger, dunklen Kapiteln der Vergangenheit, durch die nur hin und wieder das Gute im Menschen scheint.

Der Zustand vieler osteuropäischer Länder hängt eng mit der Landwirtschaft zusammen, weiß Bottini heute. Mit Großkonzernen, die den Kleinbauern für – nur auf den ersten Blick gutes Geld – ihre Arbeitsgrundlage abkaufen. Mit korrupten Politikern, gegen die in Rumänien heutzutage Hunderttausende auf die Straße gehen. „Das“, sagt Bottini, „ist eine wichtige Entwicklung für dieses Land.“

Oliver Bottini liest aus seinem am 8. November erscheinenden Neuling am 16. November ab 20 Uhr in der Freiburger Buchhandlung Rombach. Eintritt:12 (10) Euro. Das chilli verlost fünf hand­signierte Exemplare auf chilli-freiburg.de

Text: Lars Bargmann / Foto: © Hans Scherhaufer

Der Tod in den stillen Winkeln des Lebens
von Oliver Bottini
Dumont 2017
512 Seiten, Hardcover
Preis: 22 Euro