Negativzinsen: Immer mehr südbadische Kommunen müssen zahlen STADTGEPLAUDER | 02.04.2017

Zu viel Geld auf der hohen Kante kann teuer werden: Immer mehr Banken geben die Strafzinsen der Europäischen Zentralbank (EZB) an ihre Großkunden weiter. Betroffen davon sind auch Städte und Gemeinden. Während etwa Konstanz und Schopfheim bereits zahlen, versuchen Gemeinden wie Bad Krozingen oder Teningen durch geschicktes Umverteilen den Strafzinsen zu entgehen.

„Strafzins“ ist ein Wort, das in der Bankenwelt nicht gerne gehört wird. Kreditinstitute sprechen lieber von einem „Verwahrentgelt“. An den Tatsachen ändert das nichts: Die EZB verlangt von ihren Großkunden – darunter vor allem Banken und Versicherungen – derzeit einen Negativzins von 0,4 Prozent. Und damit die nicht darauf sitzen bleiben, geben sie dieses „Verwahrentgelt“ an ihre Kunden weiter: Ab einer gewissen Einlagesumme – viele Banken haben eine Grenze von einer Million Euro gesetzt – müssen auch die Anleger zahlen.

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Betroffen sind in der Regel nur Firmenkunden. Doch neben den Finanzchefs großer Unternehmen bereiten die Negativzinsen auch immer mehr Kämmerern und Bürgermeistern Kopfzerbrechen. Wie der Städtetag auf bib-Anfrage mitteilte, zahlen in Baden-Württemberg etwa Konstanz, Schopfheim und Heidenheim bereits Negativzinsen. Die Zahlungen sind eher gering – in Konstanz seien 2016 nicht mehr als 2000 Euro angefallen – auch, weil man in den Kommunen fleißig umverteilt, um den Zahlungen zu entkommen.

So hat etwa Bad Krozingen von der Sparkasse Staufen Breisach und von der Volksbank Breisgau Süd ein Verwahrentgelt angekündigt bekommen. Die Stadt sei daher daran, alle Beträge, die die Millionengrenze überschreiten, zur Volksbank Staufen zu verlegen, heißt es aus dem Büro des Bürgermeisters. Diese plane momentan noch keine Negativzinsen. Auch in Teningen werden die Rücklagen in Höhe von rund elf Millionen Euro möglichst geschickt auf fünf verschiedenen Konten platziert. So liegen etwa bei der Volksbank Breisgau Nord 950.000 Euro als Tagesgeld – ab einer Million werden hier Negativzinsen fällig.

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„Nach der Gemeindeordnung müssen Kommunen bei Geldanlagen auf eine ausreichende Sicherheit achten, andererseits sollen die Geldanlagen einen angemessenen Ertrag bringen“, erläutert Stefanie Hinz, Vize-Hauptgeschäftsführerin des baden-württembergischen Städtetags. „Sichere Geldanlagen mit Ertrag sind aber in der derzeitigen Niedrigzinsphase überaus schwierig zu finden.“

Andere Kommunen versuchen daher, durch interne Darlehen an ihre Gesellschaften die Summen auf den Banken gering zu halten oder bauen ihre Liquidität ab, indem sie mehr in die Infrastruktur investieren. In Freiburg fließen die Guthaben der Eigenbetriebe und der Töchter in einen Cash-Pool ein. Durch den Zusammenschluss der Konten sollen Schwankungen ausgeglichen werden. So ist hier stets kurzfristige Liquidität verfügbar, die manchen Kredit überflüssig macht. Dafür hat die Kämmerei 2010 ein Masterkonto bei der Sparkasse Freiburg-Nördlicher Breisgau eingerichtet. Hier werden momentan noch keine Negativzinsen fällig.

Aber auch das wird wohl noch kommen: „Wir gehen davon aus, dass auch wir im Laufe des Jahres Negativzinsen einführen müssen“, sagt Marcel Thimm, Vorstandschef der Sparkasse Freiburg-Nördlicher Breisgau. „Wir werden dem Einlagenzuwachs sonst nicht mehr Herr.“ Seit Herbst habe sich dieser Zuwachs deutlich beschleunigt. Die Einlagen seien mittlerweile so hoch, dass die Sparkasse einen Großteil bei der EZB mit Negativzinsen anlegen muss. Leicht mache man sich diese Entscheidung dennoch nicht: „In unserer Satzung steht drin, dass eine unserer Aufgaben die Erziehung der Bevölkerung zum Sparen ist. Daher tun wir uns traditionell mit dem Thema Negativzinsen enorm schwer.“ (Mehr dazu im großen Bankbosse-Interview ab Seite 10.)

Doch kaum eine Bank kann sich den Strafzins der EZB noch leisten, ohne ihn weiterzugeben. Bei den meisten sinken die Zinsüberschüsse kontinuierlich. Beispiele lassen sich auch in der Region finden: So ist bei der Sparkasse Offenburg der Überschuss von 2015 auf 2016 von 89 auf 83 Millionen Euro zusammengeschrumpft, bei der Volksbank Lahr von 40,2 auf 37,6 Millionen.

Anders sieht es bei der Bochumer GLS Bank mit Sitz in Freiburg aus: Hier ist der Zinsüberschuss von 69,2 auf 71,5 Millionen gestiegen. Grund zur Entwarnung sei das jedoch nicht. Im gleichen Zeitraum habe man die Zinsmarge von 1,74 auf 1,6 Prozent reduziert. Sollte die Zahl der Kundenkredite in Zukunft nicht mehr so stark steigen – 2015 haben die Kredite bei der GLS Freiburg um 25 Prozent zugelegt, die Einlagen um 5 Prozent –, kann sich die Situation schnell verschlechtern.Anders sieht es bei der Bochumer GLS Bank mit Sitz in Freiburg aus: Hier ist der Zinsüberschuss von 69,2 auf 71,5 Millionen gestiegen. Grund zur Entwarnung sei das jedoch nicht. Im gleichen Zeitraum habe man die Zinsmarge von 1,74 auf 1,6 Prozent reduziert. Sollte die Zahl der Kundenkredite in Zukunft nicht mehr so stark steigen – 2015 haben die Kredite bei der GLS Freiburg um 25 Prozent zugelegt, die Einlagen um 5 Prozent –, kann sich die Situation schnell verschlechtern.

Die sozial-ökologische Bank ist daher als Erste dazu übergegangen, neben den Kontoführungsgebühren einen Beitrag von fünf Euro pro Monat von ihren Kunden zu verlangen. „Uns ist es wichtig, alle Gebühren transparent zu machen“, so Vorstandssprecher Thomas Jorberg. So würden die Kontoführungsgebühren weiterhin alle Leistungen rund ums Konto finanzieren, während der GLS-Beitrag dazu verwendet wird, Grundleistungen wie die Beratung zu decken.

Für Großkunden mit Einlagen von mehr als einer Million Euro fallen zudem Negativzinsen an. Knapp 200 GLS-Kunden – Firmen, aber auch Privatkunden – seien deutschlandweit davon betroffen. Auch in Südbaden rüsten immer mehr Banken in Sachen Negativzinsen nach. Allein bei der Volksbank Freiburg werden rund 50 Kunden zur Kasse gebeten, bei der Freiburger Sparkasse rechnet man mit 150 potentiell Betroffenen – darunter auch einige Kommunen.

Hier stoßen die Banken damit weitgehend auf Verständnis. „Wir können nicht auf der einen Seite geringste Zinssätze im Soll wollen und dann im Haben große Forderungen stellen“, so Bad Krozingens Pressesprecherin Daniela Sandmann. Auch bei der Freiburger Stadtkämmerei verweist man auf die günstigen Kredite. So habe man für den Bau des neuen Rathauses einen Kredit mit einem Zins von gerade einmal 0,05 Prozent im Jahr aufgenommen.

Text: Tanja Bruckert / Illustrationen: © pixabay.com