Neues Führungsduo beim BVB will genossenschaftliches Wohnen voranbringen STADTGEPLAUDER | 18.08.2017

Sie übernehmen ein gewichtiges Schiff, die neuen Vorstände des Bauvereins Breisgau (BVB). Der neue Geschäftsführer Marc Ullrich wird am 1. September neuer Vorstandsvorsitzender, Jörg Straub besetzt seit 1. Juli den Posten des stellvertretenden Chefs bei Freiburgs größter und ältester Baugenossenschaft. Bei einem Kaffee mit Chefredakteur Lars Bargmann erzählen sie erstmals über ihren neuen Job und die wichtigste Aufgabe in der nahen Zukunft.

Neue Kommandobrücke: Marc Ullrich (u.) und sein Vize Jörg Straub.

„Die Arbeit im Bauverein ist eine Herausforderung“, sagt Ullrich. Es stehen mächtige Aufgaben vor dem neuen Führungsduo: 320 neue Wohnungen sind aktuell in der Planung oder im Bau, 82 Millionen wird der BVB in den kommenden fünf Jahren in den Neubau investieren, zudem 43 Millionen in den fast 5000 Wohnungen zählenden Bestand stecken.

Hier ein Mehrgenerationen-Projekt mit 52 Wohnungen, Bürgertreff, Tagespflege und Gewerbeflächen in der Neuen Ortsmitte in Schallstadt, dort ein Bau an der St. Nikolauskirche in Opfingen, hier das Haus Lukas in St. Georgen, dort 52 Wohnungen auf dem Güterbahnhof-Areal. Auch diese Pläne liegen nun bei Ullrich und Straub auf dem Tisch. Weil ihr Vorgänger Reinhard Disch diese Projekte so weit gebracht hat.

Dann sind die Genossen bereits in Gundelfingen mit einem Wohn- und Geschäftshaus im Bau, stellen am Carl-Sieder-Hof 25 Mietwohnungen und fünf bereits verkaufte Reihenhäuser her. Auf den Gutleutmatten ein Dutzend Einheiten, das größte aktuelle Projekt aber ist das Uni Carré mit 141 Wohnungen, die im Bestand bleiben werden.

Was wollen sie anders machen, als ihr Vorgänger? „Wir werden den eingeschlagenen Weg weitergehen“, bekräftigt Ullrich. Allenfalls, sich noch mehr in die politischen Entscheidungswege bei kommunalen Grundstücksvergaben einschalten. „Wir müssen in der Politik noch bewusster machen, wie hoch der Wert genossenschaftlichen Wohnens ist“, erklärt Ullrich. „Und wir möchten auch weiter wachsen“, sagt Straub.

Das geht nur, wenn der Bauverein Grundstücke bekommt, auf denen sich die DNA der Genossenschaft ausleben kann: preiswerter Wohnraum, lebenslanges Wohnrecht, Quartiersarbeit, umweltfreundlichere Strom- und Wärmeerzeugung, Mitgliederförderung. 1700 von mehr als 20.000 Mitgliedern – die würden fast das komplette Schwarzwald-Stadion füllen – hoffen derzeit auf eine neue Heimat. Übrigens auch im Eigentum.

Neue Kommandobrücke: Marc Ullrich und sein Vize Jörg Straub (o.).

Wenn der Bauverein Bauträgerprojekte macht, haben die Mitglieder auf diese neuen Einheiten bevorrechtigten Zugriff. „Unsere Mitgliederstruktur bildet die ganze Gesellschaft ab“, sagt Straub. Vom kleinen bis zum großen Geldbeutel sei alles dabei.

Für eine politische Offensive wird sich das Duo auch mit den Kollegen von der Familienheim Freiburg und der Heimbau Breisgau zusammentun, um gemeinsam dafür zu werben, dass Städte und Kommunen beim Verkauf eigener Flächen nicht nur auf den maximalen Preis zielen. Maximale Grundstückspreise sind mit genossenschaftlichem Wohnen nicht vereinbar. „Wir werden die Kommunalpolitik proaktiv angehen“, sagt Ullrich.

Wenn in Freiburg bei größeren Neubauvorhaben 50 Prozent geförderter Wohnraum gefordert wird, „dann müssen wir klarmachen, dass wir schon seit Jahrzehnten zu 100 Prozent solchen Wohnraum bauen“. Die Durchschnittsmiete lag im vergangenen Jahr bei den Genossen bei 6,26 Euro, 1,50 – seit Jahresbeginn sogar
2 Euro – unterm Mietspiegel.

Die Mieten werden zwar auch beim BVB weiter steigen, aber nicht, um Gewinne zu maximieren, sondern um handlungsfähig zu bleiben, in den Bestand zu investieren und neuen Wohnraum schaffen zu können.

Der Aufsichtsrat um den Vorsitzenden Martin Behrens hat nach der Misere mit dem geschassten Vorstandschef Markus Schwamm eine neue Führungsspitze mit genossenschaftlichem Hintergrund gesucht – und gefunden. Ullrich, der als Vorstandsvorsitzender vom Bau- und Sparverein Ravensburg kam, hat in Freiburg bereits ein Reihenhaus bezogen, Straub war Vize-Vorstand der Volksbank Staufen und wohnt weiter in Ihringen. Übrigens einer Gemeinde, in der der BVB noch kein einziges Projekt realisiert hat. „Das“, so Straub, „muss aber ja nicht so bleiben.“

Text: Lars Bargmann / Fotos: © privat