Paroli Esperanton: Deutsche Esperanto-Kongress steigt Anfang Juni in Freiburg STADTGEPLAUDER | 09.05.2017

Esperanto – noch nie gehört? Kein Wunder: Weltweit sprechen nur einige 100.000 Menschen diese Plansprache. Dabei bringt das 130 Jahre alte Esperanto eigentlich das Zeug zur Weltsprache mit. Eine Sprache, die so einfach zu lernen ist, dass sich alle Völker mit ihr verständigen können. In Freiburg arbeitet man daran: Hier trifft sich Woche für Woche Deutschlands drittälteste Esperanto-Gruppe. Vom 2. bis 5. Juni steigt die Chance, auf der Straße Esperanto zu hören, sprunghaft an – dann treffen sich in Frajburgo rund 200 Menschen zum Deutschen Esperanto-Kongress. Mitorganisatorin ist Ursula Niesert, Mitglied der Freiburger Gruppe. chilli-Redakteurin Tanja Bruckert hat mit der 68-Jährigen telefoniert.

Ursula Niesert: Saluton!


chilli: Hallo Frau Niesert, Sie melden sich sogar am Telefon auf Esperanto?

Niesert: Einer meiner WG-Mitbewohner hatte einen ähnlichen Nachnamen wie ich. Damit es zu keinen Verwechslungen kommt, habe ich mir angewöhnt, mich anders zu melden. Und „Hallo!“ war mir zu nichtssagend.

chilli: Verstehen die Leute Sie denn gleich?

Niesert: Ich spreche schon mehr als 30 Jahren Esperanto und habe daher etliche Kontakte. Doch nicht jeder hat die Chance, die Sprache regelmäßig zu sprechen. Unsere Gruppe trifft sich daher jede Woche, damit wir uns auf Esperanto unterhalten können und unsere Sprachkenntnisse nicht einrosten.

chilli: Freiburgs Esperanto-Gruppe hat sich 1891 gegründet und ist damit die drittälteste Deutschlands.

Niesert: Da sind wir auch stolz drauf, obwohl wir zur Gründung natürlich nichts beigetragen haben. (lacht) Aber es ist schön, dass immer noch junge Mitglieder nachkommen – vor allem Studenten fühlen sich von der Gruppe angesprochen. Ich selbst bin über einen Wochenendkurs an der Volkshochschule auf die Sprache aufmerksam geworden. Eine Freundin hat mir daraufhin ein Lehrbuch geschenkt und innerhalb von drei Monaten konnte ich die Sprache soweit, dass ich mich gut verständigen konnte. Das war das erste Mal, dass ich beim Lernen einer Sprache Erfolgserlebnisse hatte.

chilli: Esperanto sollte eine Weltsprache werden, mit der sich alle Völker verständigen können – da hat ihr aber das Englische den Rang abgelaufen …

Niesert: Ich sage es mal so: Es gibt Autos und es gibt Fahrräder – macht das eine das andere überflüssig? Wenn ich Kontakt zu Leuten in verschiedenen Ländern haben möchte, dann kann ich jetzt anfangen zu lernen, und in ein paar Wochen oder wenigen Monaten kann ich mich im Urlaub unterhalten. Esperanto macht die Türen zur Welt auf – es gibt kein Land, in dem nicht auch Esperanto-Leute leben. Ich selbst bin vor einiger Zeit durch Brasilien gereist, von Gruppe zu Gruppe, und wurde überall sehr herzlich aufgenommen.

chilli: Könnte Esperanto auch eine Chance für ein vereintes Europa sein, in dem sich alle Nationen verständigen können?

Niesert: Also ich möchte in keinem Europa leben, das von oben herab eine Sprache verordnet. Es ist wichtig, die Vielfalt der verschiedenen Sprachen zu fördern, doch leider lernen 80 Prozent der Schüler nur eine einzige Fremdsprache. Ich fände es schön, wenn Esperanto an Schulen als erste Fremdsprache gelehrt würde – damit man ein neutrales Verständigungsmittel hat – und darauf aufbauend weitere Sprachen.

chilli: Sinjorino Niesert, multan dankon pro la intervjuo! (Frau Niesert, vielen Dank für das Gespräch!)

Infos:

94. Deutscher Esperanto-Kongress
2. bis 5. Juni
Katholische Akademie, Freiburg

Thematischer Schwerpunkt: „Krieg und Frieden und die Medien – Wir sind die Guten“ (Achtung Ironie!)

Öffentliche Veranstaltungen auch für Nicht-Esperanto-Sprechende:

Vorstellung von Esperanto, Samstag 16 Uhr
Reggae-Konzert mit Jonny M, Freitagabend
Konzert mit traditioneller sephardischer und spanischer Musik von Kaj tiel plu, Samstagabend
Inter-religiöses Gespräch am Montag, in dem der Frieden zwischen den Religionen anklingt (auf esperanto und deutsch)