SC will 1,8 Millionen Euro für Namensrechte am Stadion STADTGEPLAUDER | 21.10.2017

Der SC Freiburg verdient seit der Saison 2014/2015 pro Spielzeit rund 500.000 Euro an den Namensrechten fürs Schwarzwaldstadion. Das soll im neuen Stadion fast vervierfacht werden. Nach chilli-Informationen bietet der Sportclub die Rechte aktuell für 1,8 Millionen Euro an. SC-Sprecher Philipp Walter wollte das nicht kommentieren. Selbst wenn der SC für diese Summe einen Sponsoren bekäme: In der Branche wäre das vergleichsweise günstig.

So sieht der Sieger aus: Im auskragenden Gebäudeteil sind VIP-Räume untergebracht.

So bringt die Vermarktung der WWK-Arena dem FC Augsburg nach Informationen des Handelsblatts jährlich 2,7 Millionen Euro. Leverkusen (BayArena) oder Köln (Rheinenergie-Stadion) kassieren je 2,5 Millionen, Hoffenheim (Wirsol Rhein-Neckar-Arena) 3,2, Eintracht Frankfurt mit der Commerzbank-Arena 4, Dortmund mit dem Signal-Iduna-Park 4,8. Spitzenreiter in Deutschland sind Schalke und Bayern mit je rund 6 Millionen. Es gibt aber auch den anderen Weg: Werder und Gladbach etwa verkaufen sich beim Stadionnamen nicht und kicken unbeirrt im Weser-Stadion und im Borussia-Park.

Die 500.000 Euro für den SC teilen sich noch bis 2019 die Schwarzwald Tourismus GmbH (STG, 150.000 Euro), die Freiburg Wirtschaft Touristik und Messe GmbH (FWTM, 100.000) und die fünf Partner Hermann Wein GmbH, Hochschwarzwald Tourismus GmbH, AHP Merkle, die Julabo GmbH und die Schleith GmbH. Diese Partner hatten ein Vorkaufsrecht für die Rechte beim neuen Stadion. Das hat der SC mit einer vierwöchigen Frist abgefragt – ist nun also formal frei in der Vermarktung.

Mit wie viel Mehreinnahmen der Sportclub im neuen Stadion insgesamt kalkuliert, will der Club nicht sagen. „Das wäre unseriös“, so Walter. Im Übrigen sei das neue Stadion nicht auf Gewinnmaximierung ausgelegt: „Sonst hätten wir nicht so viele Stehplätze.“

Auch die Umsatzerlöse der vergangenen Saison gibt der Sportclub vor der Mitliederversammlung am 26. Oktober nicht preis. In der Zweitliga-Saison 2015/16 lagen sie bei 49,2 Millionen, in der Abstiegssaison zuvor waren es knapp 79 Millionen Euro. SC-Finanzvorstand Oliver Leki wird natürlich schon verschiedene Szenarien gerechnet haben, wie viele Millionen Euro sich in der „schön engen Hütte“ (SC-Coach Christan Streich) mehr realisieren ließen.

Wenn der SC im neuen Stadion die gleiche Auslastung wie an der Schwarzwaldstraße hätte, kommen 10.000 Tickets dazu. Wenn die im Schnitt 35 Euro kosten, sind es pro Spieltag 350.000 Euro, am Ende der Saison mithin knapp sechs Millionen. Ohne etwaige Erlöse aus Namensrechten oder Umsatzpachten. Zudem gibt es 1000 Business-Plätze mehr und erstmals 200 Logenplätze – beide deutlich teurer als normale Tickets.

Und schließlich auch mehr Erlöschancen durch die Vermietung von Business-, Tagungs- und anderen Räumen. Sechs Millionen mehr wären bei 76 Millionen Investitionen, so viel kostet die neue Spielstätte, immerhin knapp acht Prozent Rendite.

Daraus ließe sich die zur Tilgung der Kredite nötige Pachtsteigerung auf 3,6 Millionen Euro in der Ersten Liga (oder 2,3 in Liga Zwei) jedenfalls gut bedienen. Im Schwarzwaldstadion zahlte der SC zuletzt jährlich etwa 2,4 Millionen Euro ans Rathaus, allerdings schon inklusive der Gewerbesteuer. 6,45 Millionen Euro musste der SC im Vergleich zu den ursprünglich kalkulierten Kosten schon nachfinanzieren (wir berichteten).

34.700 Plätze wird das 25 Meter hohe Stadion haben, 12.400 sind Stehplätze. Das sind stolze 35,7 Prozent. Nur Mainz und Augsburg haben anteilsmäßig noch mehr Stehplätze. Die Südtribüne ist nach Dortmunder Vorbild (gelbe Wand) in einem Rang als rot-weiße Wand geplant, die anderen drei Tribünen haben Unter- und Oberrang.

HPP Architekten bringen ein durchaus durchdachtes Konzept nach Freiburg.

Einziehen wird auch die SC-Geschäftsstelle, zudem wechselt die U23 mit an den Flugplatz. Die unterlegenen Entwürfe des Wettbewerbs gibt die Bauherrin, die Stadion Freiburg Objektträger GmbH & Co.KG (eine Tochter von Stadt und SC), nicht heraus.

Oberbürgermeister Dieter Salomon und SC-Präsident Fritz Keller meinen, dass das neue Stadion „einzigartig und unverwechselbar“ wird. Baubürgermeister Martin Haag findet, dass „der prägnante Entwurf wunderbar zu Freiburg passt und sich wie selbstverständlich zwischen Wolfsbuck, Flugplatz und Universität einfügt.“ Dieses Stadion bilde, so Salomon, „die Identität Freiburgs und des Sport-Club hervorragend ab“, stehe für Nachhaltigkeit, Offenheit, Kreativität und Bodenständigkeit.

Offen wirkt der geplante Baukörper tatsächlich, denn an den eingeschnittenen Ecken sind repräsentative Zugänge und die anschließenden Bereiche sowie die Promenade machen das Spielfeld und die Ränge schon von weitem erlebbar. Auch die Sichtfuge zwischen Ober- und Unterrang lässt den Innenraum früh durchscheinen. Eine gute Idee. Wie die mit den diagonalen Stützen, die das rechteckige Dach halten, was dem Entwurf durchaus Dynamik verleiht.

Zu dynamisch hatte Präsident Fritz Keller indes den zeitlichen Ablauf eingeschätzt. Er wollte unbedingt zum Beginn der Saison 2019/2020 den ersten Anstoß auf neuem Geläuf erleben. Das chilli hatte das schon vor einem Jahr angesichts allein der bauleitplanerischen Notwendigkeiten als „sehr sportlich“ bezeichnet. Mittlerweile lautet der offizielle Sprachgebrauch: „Nach sorgfältiger Abwägung von Chancen und Risiken und abhängig vom Verlauf des Bau- und Genehmigungsprozesses, wird der Bezug des neuen Stadions zur Winterpause 2019/20 oder zum Saisonstart 2020/21 angestrebt.“

Der Totalunternehmer Köster GmbH, der gemeinsam mit HPP Architekten aus Düsseldorf den Wettbewerb gewonnen hatte, hatte die Arena in Wolfsburg mit 30.000 Plätzen, 15 Prozent weniger als in Freiburg, in 19 Monaten geschafft. Wer von der Winterpause 2019/2020 spricht, also von Dezember 2019, müsste bei gleicher Bauzeit – was wieder sportlich ist – den Grundstein also spätestens im Mai 2018 legen.

Doch wenn der Satzungsbeschluss für den nötigen Bebauungsplan erst „in der ersten Jahreshälfte 2018 vorgesehen ist“, könnte man ganz offen auch gleich auf den Saisonauftakt 2020 zielen. Bis dahin muss der SC den finanziellen Standortnachteil zur Konkurrenz noch aushalten. Denn es braucht ja auch noch einen Bauantrag und eine Genehmigung.

Die Südkurve wird in einem Rang als Wand gebaut.

Dessen ungeachtet sind am Flugplatz schon die ersten vorbereitenden Arbeiten zu sehen. Und die erste Klage folgte auch prompt. Uschi Jautz stellte als Privatperson bei der Polizei Strafanzeige wegen der bereits begonnenen Vergrämung der Zauneidechse.

Die Stadtverwaltung muss die Echsen für den Stadionbau umsiedeln – so wie es auch auf dem Güterbahnhof erfolgreich gemacht wurde. Jautz ist Vorsitzende des Bürgervereins Mooswald und auch Sprecherin der Bürgerinitiative Pro Wolfswinkel. Gestellt hat sie die Anzeige, weil die Stadt gegen das Bundesnaturschutzgesetz verstoße. Die Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren wenig später gleich wieder ein. Ein Scharmützel.

Parallel steht das Verfahren für die Entwidmung des benötigen Grundstücks als Flugplatzfläche kurz vor dem Abschluss. Ohne Entwidmung, auch das eine Parallele zum Güterbahnhof, kein Bebauungsplan. Auch ein als Wald festgeschriebenes Teilstück muss noch entwidmet werden.

Die Segelflieger haben wegen der Entwidmung nun ihre angestammte Landebahn verloren. Das Rathaus hat an anderer Stelle eine neue beantragt. Bis die genehmigt ist, könnten die Flieger auf der Asphaltbahn landen. „Wir haben das über die NOTAM (Infodienst für Flugsicherheit, d. Red.) erfahren. Es gab keinerlei Kommunikation von der Stadt aus“, kritisiert Jan Vogt, Sprecher des Breisgauvereins für Segelflug. Die Segler hätten ihre Piste drei Monate länger als geplant nutzen können, heißt es aus dem Rathaus.

Während die sich nicht über den neuen Nachbarn freuen, hält Christian Streich den Daumen hoch: „Die Fans sind überall dicht dran am Platz, es sind alle Voraussetzungen gegeben, dass es toll wird. Die Mannschaft, die Trainer und die Fans werden das neue Stadion gemeinsam mit Leben füllen.“#

Text: Lars Bargmann / Visualisierungen: © HPP Architekten/WillMore