Schön-Schräg: Ab morgen kommen 500 Künstler zur 29. Freiburger Kulturbörse STADTGEPLAUDER | 21.01.2017

Achthundertfünfzig. So viele Künstler und Performer, Theater- und Tanzformationen, Bands und Slammer, Comedians und Kabarettisten haben sich für die 29. Internationale Kulturbörse in Freiburg (IKF) beworben. 850 wollten in ihren Lebensläufen einen Auftritt in Freiburg eintragen. Denn wer hier schon aufgetreten ist, der hat so eine Art Qualitätssiegel. Es ist eine beachtliche Wertschätzung, die man der 1988 noch vom städtischen Kulturamt gegründeten Börse inzwischen weltweit entgegenbringt. Man könnte sagen: Es kommt alles, was bald Rang und Namen hat.

 Bunte Mischung: Zur IKF kommen 500 Künstler aus 25 Nationen an die Messe Freiburg.

Bunte Mischung: Zur IKF kommen 500 Künstler aus 25 Nationen an die Messe Freiburg.

Holger Thiemann, noch immer rühriger Vater der Börse, hat sicher 15.000 Kilometer auf Bahngleisen, Flugrouten und Autobahnen zurückgelegt, um das diesjährige Programm auf die Beine und die Bühne zu stellen. „Es wird schön-schräg“, sagt er. Kann er sagen: So spielen die balearischen Res de Res eine Tanztheater-Performance in einem Gefängnis-Container, in dem auch 15 Zuschauer eingesperrt werden – performing in a box.

Oder nehmen wir Shiva: Der Schamane sucht sich jemanden im Publikum und formt dann in einer Viertelstunde aus 15 Kilo Ton dessen Ebenbild. Schön-Schräges gibt es auch aus Polen: Das Teatr KTO ist für seine skurrilen Straßentheater-Performances bekannt, die spanische Straßentheatergruppe CQP Produccions wurde indes auf dem Theaterfestival Fira de Titelles de Lleida als beste Straßenshow 2016 ausgezeichnet – mit dem Programm Manneken’s Piss. Auch das ist durchaus schräg.

Die IKF startet am 22. Januar, erstmals also an einem Sonntag, mit der Gala. Das katalonische Stelzentheater Compania Maduixa wird die Gäste durchaus langbeinig und attraktiv empfangen, drinnen werden das Orquestra de Cambra de l’Empordà, Lumpenpack, BANDART und Lisa Eckhart auftreten – die österreichische Kabarettistin wird übrigens noch während der Kulturbörse den Berliner Kulturpreis bekommen. Durch den Abend führt Kay Ray. Insgesamt gibt es sieben Publikumsveranstaltungen (siehe Infobox), die wohl schnell ausverkauft sein werden.

„Es wird schön-schräg“, sagt IKF-Chef Holger Thiemann.

„Es wird schön-schräg“, sagt IKF-Chef Holger Thiemann.

Die Messe boomt: 400 Austeller werden es heuer sein, fast 50 mehr als im Vorjahr – und schon das war ein Rekordjahr. 180 Auftritte, 500 Künstler aus 25 Nationen: Aus Japan, Kanada, Amerika, aus dreiviertel Europa reisen sie nach Freiburg, um hier Agenten zu finden, Veranstalter (die wiederum neue Künstler brauchen), Kulturmenschen, mit denen man Auftritte klarmachen kann. Es war der Sprung vom Bürgerhaus am Seepark an die Messe Freiburg 2001, der die Kulturbörse auf ein neues Niveau gehoben hat. „Wenn wir die neue Messe damals nicht gehabt hätten, wäre die Börse vielleicht sogar kaputtgegangen“, blickt Thiemann zurück. Im Seepark gab es eine Bühne, jetzt gibt es vier.

Das große Finale bestreiten am Varieté-Abend Raymond Raymondson, Dirk Scheffel, Michele Cafaggi, Nicolai Friedrich, Corinne Sutter, Bence und der Spicy Circus der kanadischen Trampolinartistin Andréanne Quintal, die mit ihrer Gruppe ein faszinierendes Spiel mit der Schwerkraft inszeniert. „Der Abend wird unglaublich“, sagt Thiemann, der schon beim Erzählen über Raymondson einfach loslachen muss.

Während Quintal mittlerweile in Zürich lebt, kommt das Klezmer-Ensemble Kleaztory tatsächlich für die IKF extra aus Kanada angereist. Aus Japan fliegt Maïa Barouh ein, die uralte japanische Klänge mit ihrer eigenwilligen Stimmtechnik und hypermodernen Elektro-Sounds zusammenmischt – und so zu einer Kulturpionierin wird. Aus der Kabarettszene kommt der frisch gekürte Österreichische Kabarettpreisträger Thomas Maurer. Zu Fritz Langs berühmtem Stummfilm Metropolis (siehe Infobox) spielt live Antonio Bras, während die britische Malerin Gina Southgate Bands während ihrer Auftritte live zeichnet. Die Werke werden ausgestellt – wer eins haben will, sollte sein Portemonnaie dabei haben.

Bunte Mischung: Zur IKF kommen 500 Künstler aus 25 Nationen an die Messe Freiburg.

Bunte Mischung: Zur IKF kommen 500 Künstler aus 25 Nationen an die Messe Freiburg.

Es wird übrigens auch politisch: Andreas Thiel kommt nach Freiburg. Der Träger des Deutschen Kabarettpreises bekam nach seiner öffentlichen Islamkritik Ende 2014 Morddrohungen, stand zeitweise unter Polizeischutz und bekommt seither kaum noch Auftrittsmöglichkeiten. Der Schweizer ist von einer renommierten Jury für den Kulturbörsen-Preis „Freiburger Leiter“ nominiert, der für Darstellende Kunst, Straßentheater und Musik vergeben wird – von den Besuchern. Als Freiburger Band ist Indie Boy am Start. Der zählte nicht zu den 850. Die Kulturbörse lädt jedes Jahr den aktuellen Rampe-Bandcontest-Sieger ein.

Open House

So., 22.1., 22 h: Opening-Gala im Theatersaal 1, Karten ab 21/16 €
Mo., 23. 1., 21 h: METROPOLIS-Filmkonzert im Theatersaal 1, Karten ab 12/10 €
Mo., 23.1., 21 h: Vertikal-Performance im Theatersaal 2, Karten ab 17/13 €
Di., 24.1., 20.15 h: Poetry Slam im Konferenzraum K 6-9, Karten ab 12/10 €
Di., 24.1., 20.30 h: A-Cappella-Abend in der Music Hall, Karten ab 19/15 €
Di., 24.1., 21 h: Bencha Theater (Artistik, Tanz, Livemusik) im Theatersaal 1, Karten ab 12/10 €
Mi., 25.1., 20 h: Varieté-Abend im Theatersaal 2, Karten ab 22/19 €

Noch mehr Info: www.kulturboerse.de

Text: Lars Bargmann / Fotos: © Veranstalter, Juan Gabriel Sanz, Anne de Wolf, Lily McLeish