Streit zwischen Bauverein und Ex-Chef eskaliert STADTGEPLAUDER | 18.11.2016

Markus Schwamm, erst seit Juli neuer Vorstandsvorsitzender des Bauvereins Breisgau (BVB), ist vom Aufsichtsrat seines Amtes enthoben worden. Entsprechende Informationen des Wirtschaftsmagazins business im Breisgau hatte am 26. Oktober der Aufsichtsratschef Martin Behrens bestätigt. Wir brachten die Geschichte exklusiv in unserer Novemberausgabe. Hernach berichteten mehrere Tageszeitungen über den Fall. Am kommenden Dienstag wird der Zoff nun auf einer außerordentlichen Vertreterversammlung behandelt. Es geht um eine Einigung. Es geht nach unseren Informationen um mehrere hunderttausend Euro. 
 

Beim Bauverein würde man sich gern wieder aufs Tagesgeschäft konzentrieren: Etwa aufs Neubauvorhaben Uni Carré am Klinikum.

Beim Bauverein würde man sich gern wieder aufs Tagesgeschäft konzentrieren: Etwa aufs Neubauvorhaben Uni Carré am Klinikum.


 
Schwamm selber wollte sich gegenüber der Redaktion „wegen des laufenden Verfahrens“ nicht äußern. Der Streit zwischen den Kontrahenten eskalierte bis zum 4. November so weit, dass die Genossenschaft eine außerordentliche Vertreterversammlung einberufen hat. „Herr Schwamm hat bis heute keinen Willen zu einer vernünftigen Einigung gezeigt“, sagt Behrens. „Die Einladung ist heute an die Vertreter rausgegangen“, so der alte und neue BVB-Vorstand Reinhard Disch. Die Versammlung wird am 22. November über die Bühne gehen. Schwamm war erst im vergangenen April von der Städtischen Wohnbaugesellschaft Lahr als Geschäftsführer zum BVB gekommen und hatte im Juli den Posten des Vorstandsvorsitzenden übernommen.
 
Wenn die Vertreter mit einer Dreiviertelmehrheit das Vorgehen des Aufsichtsrats stützen, sei dies per Satzung gleichbedeutend mit einer fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund. Warum sich Schwamm derart verhält, ist Behrens nicht klar. Dem Vernehmen nach sollen Schwamms Forderungen für den gekappten Fünfjahresvertrag für den Bauverein unakzeptabel gewesen sein.
 
Es hatte schon länger mächtig gebrodelt an der Zähringer Straße, wo Freiburgs größter Bauverein seinen Sitz hat. Schwamm und Disch haben sich offenbar von Anfang an alles andere als blendend verstanden. Nach den politischen Querelen um das im Bau befindliche Wohn- und Geschäftshaus in der Gundelfinger Ortsmitte (siehe Seite 37) war das Fass übergelaufen. „Wir haben Herrn Schwamm getreu der Satzung des Bauvereins seines Amtes enthoben, mit dem Ziel, sich vertraglich zu trennen“, sagte Behrens. Bis zum 4. November ohne Erfolg.
 
Disch und Schwamm hätten „sehr unterschiedliche Auffassungen über die Ausrichtung“ des Bauvereins gehabt. Der Aufsichtsrat will den bisher von Disch beschrittenen Weg weitergehen, der viel auf Kooperationen mit Kommunen setzte, das Bauträgergeschäft vorrangig nur machte, um die Gewinne in die Modernisierung des genossenschaftlichen Bestandes von rund 5000 Wohnungen zu stecken und die Mieten moderat zu halten und mit Kirchen und sozialen Einrichtungen gute Kontakte pflegte.
 
Schwamm wollte indes mehr profitorientiert vorgehen, schickte schon mal saftige Mieterhöhungen raus – etwa ohne jede Vorankündigung an die Sparkasse Freiburg für die Filiale am Komturplatz – und wollte zuletzt in Gundelfingen gegen die mündliche Absprache mit dem Rathaus beim Neubau für die Erweiterung der Ortsmitte lukrativere Eigentumswohnungen anstelle der Mietwohnungen bauen. Nachdem auf die Genossen ein sechsstelliger Mehraufwand für die Gründungsarbeiten zukam. Ob der gebürtige Freiburger nach der Amtsenthebung und dem folgenden Streit noch mal einen Fuß in die soziale Wohnungswirtschaft bekommt, ist fraglich.
 
Da herrschte noch Eintracht: Markus Schwamm, Martin Behrens und Reinhard Disch (v.l.) beim Gruppenbild zur Verpflichtung des neuen Vorstands.

Da herrschte noch Eintracht: Markus Schwamm, Martin Behrens und Reinhard Disch (v.l.) beim Gruppenbild zur Verpflichtung des neuen Vorstands.


 
Zudem, so Behrens, habe es auch in Sachen Führungsstil unterschiedliche Auffassungen gegeben: „Ein nicht einheitlich agierender Vorstand ist für den Bauverein nicht tragbar.“ Am Rande des Baustarts am 18. Oktober waren Gundelfinger Gemeinderäte auf die Vertreter des Bauvereins zugegangen und hatten nach einem „Philosophiewechsel“ beim BVB gefragt.
 
Bereits fünf Tage zuvor hatte der Aufsichtsrat getagt und am Ende der Sitzung beschlossen, sich von Schwamm zu trennen. Am 14. Oktober hatte Behrens Schwamm in einem persönlichen Gespräch die Entscheidung mitgeteilt. „Eine neue Ausrichtung ist beim Bauverein nicht nötig“, so Behrens.
 
Schwamm hatte offenbar nicht nur der Sparkasse – die den Vertrag nach der Mieterhöhungsankündigung einfach nicht verlängerte –, sondern auch anderen Mietern offensive Mieterhöhungen geschickt. „Das stimmt“, bestätigt Disch, „aber wir versuchen derzeit an vielen Stellen, die Wogen zu glätten.“
 
Disch, der schon seit 33 Jahren beim Bauverein ist, würde auf Bitten des Aufsichtsrats nun auch über den anvisierten Juli hinaus noch weiterarbeiten, um einen guten Übergang zu erleichtern. „Wir sind ihm dankbar, der Bauverein ist ja so etwas wie sein Kind“, sagt Behrens. Bis Mitte kommenden Jahres soll die vakante Kommandobrücke wieder voll besetzt sein. Dazu zählt auch der Ersatz der bereits in Pension gegangenen Doris Reiprich. „Ich hoffe, dass bis dahin die neue Führungsspitze gefunden ist“, sagt Disch.
 
Auch der Aufsichtsrat aber, der unter dem Vorsitz von Jürgen Seemann selber noch die Gespräche mit Schwamm geführt hatte, muss sich an die eigene Nase fassen. Sicher, Schwamm hatte sich beim Bewerbungsverfahren gegen viele Kandidaten durchgesetzt: Aber die Philosophie des Bauvereins ist keine profitmaximierte, sondern in der Satzung verankert. Bislang war die ebenso erfolgreich wie für die Stadt Freiburg und viele Kommunen im Umland verlässlich. Offenbar hat das Gremium dem neuen Genossenschaftschef nicht tief genug auf den Zahn gefühlt. Am Ende zog der Aufsichtsrat das Ende mit Schrecken dem Schrecken ohne Ende vor. Er muss bei der Verpflichtung der neuen Doppelspitze eine glücklichere Hand beweisen.
 
Text: Lars Bargmann / Visualisierung: © Forster Architekten / Foto: © BVB