Weltpremiere von Bülent Gençdemirs Film über Freiburgs Partnerstädte Kinonews | 11.04.2018 | Erika Weisser

Es begann 1959. Nach der mehr als symbolischen Versöhnung durch die damaligen Repräsentanten Frankreichs und der Bundesrepublik Deutschland, Staatspräsident Charles de Gaulle und Bundeskanzler Konrad Adenauer, wurde am 6. Juni jenes 14. Jahrs nach dem Zweiten Weltkrieg auch in Freiburg das Ende der deutsch-französischen Erbfeindschaft besiegelt, die die beiden Nachbarländer viel zu lange gegeneinander gehegt hatten.

Bürgermeister Josef Brandl und sein Amtskollege aus Besançon, Jean Minjoz, unterzeichneten im Freiburger Rathaus die Partnerschaftsurkunde zwischen den beiden Städten, die gerade 160 Kilometer voneinander entfernt sind und etliche historische Gemeinsamkeiten aufzuweisen haben.

Heute, fast 60 Jahre später, ist Freiburg mit 11 weiteren Städten freund- und partnerschaftlich verbunden. Denn es blieb nicht nur bei der französischen Universitätsstadt am Doubs, die mit Freiburg nicht nur ein Vaubansches Erbe, sondern auch 150 Jahre Zugehörigkeit zum Habsburgerreich teilt. Bald darauf kamen zwei weitere ehemalige Habsburgerstädte dazu: Innsbruck (1963) und Padua (1967). Nach einer längeren Pause wurde der Partnerstadtreigen 1979 um die südlich von London gelegene Stadt Guildford erweitert, etwa zehn Jahre später außerdem um Madison (USA), Matsuyama (Japan) und Lviv (Ukraine). Vervollständigt wurde der Kreis schließlich mit Granada (1991), Isfahan (2000) und 2015 mit Suwon (Südkorea), Tel Aviv-Yafo (Israel) und Wiwilí (Nicaragua).

Im Zuge der Vorbereitung der Feierlichkeiten zum 50jährigen Bestehen der Partnerschaft mit der in der norditalienischen Region Veneto gelegenen, malerischen und geschichtsreichen Universitätsstadt Padua entstand im Rathaus die Überlegung, alle 12 Städte in einem Film zu porträtieren. Ibrahim Sarialtin von der Gemeinderatsfraktion der Grünen hatte die Idee, der Freiburger Filmemacher Bülent Gençdemir hörte davon und „rannte bei uns offene Türen ein“, wie Oberbürgermeister Dieter Salomon bei der ersten Präsentation des inzwischen fertigen Films sagte.

„Weltweite Freundschaften“ ist der Titel der 90-minütigen Dokumentation, für deren Herstellung Gençdemir um die ganze Welt reiste und 12000 Minuten Filmmaterial sammelte. Etwa anderthalb Jahre lang war der Geschäftsführer von „Südfilm“ immer wieder unterwegs, hat dabei „überwältigende Erfahrungen“ gemacht, hat „gerade als Freiburger überall ungewöhnlich herzliche Gastfreundschaft erlebt“, hat unerwartete Einblicke in die unterschiedlichsten Kulturen und Lebensverhältnisse gewonnen. Und es als außergewöhnliche berufliche Bereicherung empfunden, sich immer wieder auf neue Teams einzulassen und mit ihnen zusammenzuarbeiten: Das Budget war knapp, die Stadt Freiburg konnte trotz großzügiger Sponsoren lediglich seine Reisekosten übernehmen. Und so musste er sein übliches Team zu Hause lassen und sich mit den vor Ort angetroffenen Leuten und deren Equipments zusammenraufen.

Auch hier, sagt Gençdemir, habe er „nur super Erfahrungen gemacht“. Das ist selbst der Endfassung des Films anzusehen, deren Erstellung allein etwa sechs Monate in Anspruch nahm. Der Film ist mit viel gegenseitiger Sympathie und Respekt gemacht, außer historischen Streifzügen durch die einzelnen Städte und bestechenden Aufnahmen ihrer urbanen und landschaftlichen Besonderheiten scheint in vielen kleinen Sequenzen das für die jeweilige Stadt Typische durch – der Reiz des Alltäglichen, der sie für ihre Bewohner so lebenswert macht. Und wer kann einem zu welchem Zweck auch immer Reisenden diesen Blick fürs Detail besser öffnen als ein Einheimischer?

Natürlich hat Bülent Gençdemir auch viele Gespräche mit den offiziellen Vertretern der jeweiligen Städte geführt, die sämtlich „mit großer Begeisterung von Freiburg sprachen“. Unter den im Film dokumentierten Statements sind auch einige besonders beeindruckend. So bittet etwa Ghodrat-Allah Nouruzi, der Bürgermeister der wunderschönen, von Palästen, Minaretten, Moscheekuppeln und sagenhaften Brücken geprägten iranischen Stadt Isfahan, in der es auch ein christlich-armenisches Viertel gibt: „Bitte sagen Sie den Menschen in Freiburg, dass wir keine Terroristen sind“.

Und auch Ron Huldai, Nouruzis (und OB Dieter Salomons) Amtskollege in Tel Aviv-Yafo, scheint die Freundschaft über den Hass zu stellen: Er unterhält sich mit Gençdemir nicht nur über die berühmte „Weiße Stadt“, die in den 1930er Jahren von vor den Nazis geflüchteten Architekten und Baumeistern aus Dessau und Berlin im Bauhaus-Stil errichtet wurde. Oder über die vielfältigen Beziehungen, die seine Stadt nach Deutschland pflegt. Er weist auch darauf hin, dass der Entschluss, die Städtefreundschaft mit Freiburg einzugehen, nicht leicht gefallen sei – wegen Isfahan. Und obwohl der Iran „einer der größten Feinde Israels“ sei, habe man schließlich akzeptiert, dass „Freunde auch Freunde haben können, die nicht unsere Freunde sind“.

Das ist zwar noch ein gutes Stück von dem Wunsch Günter Burgers entfernt, der als Leiter des städtischen Referats für internationale Kontakte für die Städtepartnerschaften – und somit auch für die Entstehung des Films zuständig ist. Nämlich, dass „Freunde von Freunden auch Freunde sind“. Aber ein Schritt in die richtige Richtung ist es doch: Nach den ersten Einstellungen das Films, die Bilder von Nazi-Aufmärschen in Freiburg und die damit eingeleiteten späteren Zerstörungen zeigen, heßt es nämlich: „Versöhnung ist das Gebot der Stunde“.

Es ist also kein einfacher, lieblich-touristischer Film, den uns Bülent Gençdemir präsentiert. Er ist eine Auseinandersetzung mit Geschichte, eine Einladung zu Offenheit, Toleranz und Überwindung von Grenzen. Und eine Erinnerung, wie wichtig Solidarität ist. Denn die Partnerschaft mit der im Norden Nicaraguas gelegenen Stadt Wiwilí sei aus diesem Grund entstanden: Die beiden, von konterrevolutionären Truppen ermordeten Freiburger Aufbauhelfer Tonio Pflaum und Berndt Koberstein hätten dort mit ihrer Arbeit den Grundstein gelegt für die heutigen Beziehungen, die sehr lebendig seien. Nicht zuletzt durch eine Gruppe on Freiburgern, die Patenschaften für Kinder in Wiwilí übernehmen. Er selbst habe, sagt dr Filmemacher bei seinem Aufenthalt in der „sehr armen und so gastfreundlichen Stadt“ eine solche Patenschaft übernommen.

Für die heutige Premiere im CinemaxX gibt es noch Karten!
Grundpreis: 5,00 Euro.
Weitere Vorstellungen: Sonntag, 15. April & Montag, 16. April, jeweils 17.30 Uhr.

Bilder: © Bülent Gençdemir/Südfilm