Wie ein Pferd im Galopp: Das Fahrrad wird 200 Jahre alt – Baden-Württemberg feiert! STADTGEPLAUDER | 31.03.2017

„Bergauf geht die Maschine, auf guten Landstraßen, so schnell als ein Mensch in starkem Schritt. (…) Auf der Ebene, bei trockenen Fußwegen, wie ein Pferd im Galopp…“ So beschrieb Karl Drais im Jahr 1817 seine wichtigste Erfindung, die Laufmaschine. Das neuartige Fortbewegungsmittel sollte es dem Menschen möglich machen, sich ohne tierische Hilfe schnell von A nach B zu bewegen. Den 200. Geburtstag dieser brillanten Erfindung aus Baden-Württemberg feiert das Land nun mit zahlreichen Veranstaltungen und Aktionen.

Ausstellung im Technoseum Mannheim: 2 Räder – 200 Jahre.

Die Idee zu Drais’ Laufmaschine war aus der Not geboren: Im Jahr 1815 hatte ein Vulkanausbruch in Indonesien Millionen Tonnen Asche in die Atmosphäre geschleudert und globale Klimaveränderungen verursacht. Das darauffolgende Jahr 1816 wurde das „Jahr ohne Sommer“ – Kälte und Dunkelheit führten zu Missernten und Hungersnöten, Pferde verhungerten oder mussten notgeschlachtet werden. Nachdem er bereits an vierrädrigen Fahrmaschinen getüftelt hatte, stellte der Karlsruher Erfinder Drais im Jahr 1817 seine zweirädrige Laufmaschine vor, ein hölzernes Gebilde mit Eisenreifen, Lenkung und Sitzmöglichkeit, auf dem man sich durch Abstoßen mit den Füßen fortbewegen konnte.

Und tatsächlich zeigte sich die „Draisine“ schon auf ihrer Jungfernfahrt als überlegenes Gefährt: Am 12. Juni 1817 bewies Karl Drais mit der ersten Zweiradtour der Geschichte, dass seine Erfindung der Postkutsche weit überlegen war: Auf der Fahrt von Mannheim in Richtung Schwetzingen und zurück war er mit phänomenalen 14 Stundenkilometern vier Mal schneller als eine Postkutsche! Drais‘ weitgehend unbeachtete Alleinfahrt gilt als die Geburtsstunde des Fahrrads, auch wenn noch knapp ein Jahrhundert ins Land gehen sollte, bis das Fahrrad in seiner heutigen Form zum Verkehrsmittel für die breite Masse wurde.

So gibt es auch von der ersten Zweiradfahrt in Freiburg nur eine mündliche Überlieferung: Der ehemalige Stadtpfarrer von St. Georgen, Hans Stärk berichtet 1964 in seiner Ortschronik „Freiburg-St. Georgen“, dass der junge Karl Drais mitsamt seiner frisch erfundenen Laufmaschine bei einem Freiburger Onkel zu Besuch gewesen sei. Laut Stärk kam „Freiherr von Drais in die Werkstatt des Mechanikers Karl Ehret nach Wendlingen (Dorfgemeinde des Gemeindeverbands Sankt Georgen, die Red.), und gemeinsam bastelten sie an der von Drais erfundenen Laufmaschine („Draisine“), der Vorläuferin unseren heutigen Fahrrades. Eine Probefahrt, so wird berichtet, führte durch die Langgasse bis zur Öli an die Landstraße, wo das Rad zunächst zu Bruch ging und mit dem Fuhrwerk heimgebracht werden musste. Dass der Spott dabei nicht fehlte, lässt sich denken.“

Den Siegeszug seiner Erfindung sollte Karl Drais nicht erleben. Zu seinen Lebzeiten verkaufte er nur wenige Exemplare der Laufmaschine. Diese änderte im Lauf der Geschichte immer wieder ihre Form: In den 1860er Jahren wurde das am Vorderrad abgetriebene „Tretkurbel-Velociped“ zum Verkaufsschlager, in den 1870er und 80er Jahren wurden die schnelleren, aber mit hohem Unfallrisiko belasteten Hochräder bevorzugt. Das „Sicherheitsniederrad“ mit Kette und Hinterradantrieb löste bald darauf das gefährliche Hochrad ab und etablierte die Fahrradform, die auch heute noch im Gebrauch ist.

Karl Drais in Karlsruhe: Der Fahrradhändler Martin Hauge bietet in Karlsruhe Fahrrad-Stadtführungen auf den Spuren des berühmten Erfinders an.

200 Jahre nach der Jungfernfahrt der Laufmaschine werden Karl Drais und seine Erfindung in ganz Baden-Württemberg im großen Rahmen gefeiert:

Mai bis August: Rollendes Museum
Unter dem Motto „Jubiläumstour. Die nachhaltigste Roadshow der Welt.“ ist von Mai bis August 2017 ein rollendes Museum und modernes Zukunftslab ausschließlich auf E-Lastenfahrrädern durch Baden-Württemberg unterwegs. Die Jubiläumstour bietet ein vielfältiges Programm zu Geschichte, Gegenwart und Zukunft des Fahrrads zum Anfassen und zum direkten Erleben.

12. Mai – 17. September: Geschichte und Zukunft der Mobilität, Dreiländermuseum Lörrach
Von verschiedenen Modellen der Draisine über das Hochrad bis zum E-Bike: Das Dreiländermuseum präsentiert die größte Museumssammlung historischer Fahrräder in Südbaden. Dabei wird besonders die Geschichte des Radfahrens in der Drei-Länder-Region in den Blick genommen.

25. – 28. Mai: „Ganz schön Drais!“ – Fahrradfestival in Karlsruhe
Rund 300 historische Fahrräder präsentieren sich am letzten Maiwochenende beim „Welttreffen historischer Räder“ in Karlsruhe. Geplant ist neben einer Gala-Ausfahrt in historischen Kostümen und einem Draisinenrennen auch eine Hochrad-Weltmeisterschaft mit Teilnehmern aus aller Welt.

bis 25. Juni: 2 Räder – 200 Jahre. Freiherr von Drais und die Geschichte des Fahrrades, Technoseum Mannheim
Noch bis zum 25. Juni präsentiert das Mannheimer TECHNOSEUM in der Großen Landesausstellung Baden-Württemberg die Geschichte des Fahrrads mit Ausstellungsstücken aus zwei Jahrhunderten und interaktiven Stationen.

Ausstellung im Technoseum Mannheim: 2 Räder – 200 Jahre.

2./3. Juni: CINEBIKE|INTERNATIONAL FILMFEST / Kinemathek Karlsruhe
Beim Internationalen Fahrrad-Filmfestival in Karlsruhe werden in insgesamt sechs Filmblöcken Lang- und Kurzfilme rund um das Thema Fahrrad gezeigt. Neben dem Tati-Klassiker „Schützenfest“ von 1947 sind auch neuere Filme zu sehen, wie beispielsweise der deutsch-französische Dokumentarfilm „Tour du Faso“ von 2013.

16. Juli: Schauinslandkönig Bergzeitfahren, Freiburg
Nach zwei Jahren Pause findet in diesem Jahr wieder das beliebte Bergzeitfahren auf dem Freiburger Hausberg statt. Am Start werden nicht nur schnittige Rennräder erwartet, sondern auch Tandems, Klappräder, Inlineskater und Skirollerfahrer – und auch sportliche Mamas und Papas mit Kinderradanhänger können die Waden brennen lassen und sich beim elfeinhalb Kilometer langen Anstieg messen.

Infos: www.200jahre-fahrrad.de

Text und Fotos: Nicole Kemper