Tauziehen zwischen Land und Kommunen endet in Kompromiss STADTGEPLAUDER | 13.11.2016

Die Landesregierung in Stuttgart und die Kommunen im Land haben ihren lauten Streit um die Finanzen mit einem Kompromiss beendet. Statt der ursprünglichen 300 Millionen Euro, die das Land von den Kommunen gefordert hatte, bleiben nun 200. Das allein hätte noch keinen Durchbruch bedeutet. Zudem bekommen die Kommunen aber auch mehr Geld für Integration und die Sanierung öffentlicher Einrichtungen.

Drei Grüne, ein Streit: Dieter Salomon (u.) attackierte Edith Sitzmann und Winfried Kretschmann, weil das Land die eigene schwarze Null auf dem Rücken der Kommunen plante.

Drei Grüne, ein Streit: Dieter Salomon (u.) attackierte Edith Sitzmann und Winfried Kretschmann, weil das Land die eigene schwarze Null auf dem Rücken der Kommunen plante.

Der Streit war entfacht, nachdem die Regierung den Haushaltsentwurf für 2017 beschlossen hatte. Der sieht unterm Strich eine schwarze Null vor, soll strukturell 800 Millionen Euro jährlich einsparen und dennoch drängende Sanierungen und Zukunftsinvestitionen ermöglichen. „Damit machen wir einen großen Schritt auf dem Weg zur Einhaltung der Schuldenbremse ab dem Jahr 2020“, sagte Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne). Gab es Beifall? Nein, es hagelte Kritik. Von den Kommunen, weil diese eben jene 300 Millionen Euro zur schwarzen Null in Stuttgart beitragen, mithin der Landeshaushalt auf dem Rücken der Kommunen ausgeglichen werde solle.

„Mit dem Haushaltsentwurf legen wir in Zahlen vor, was wir uns in der Koalition gemeinsam zum Ziel gesetzt haben: unser Land verlässlich, nachhaltig und innovativ zu regieren.“ So sagte der grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Und wie sagte Freiburgs Oberbürgermeister Dieter Salomon? „Ich bin entsetzt, wie in der Landesregierung agiert wird.“ Auch er ein Grüner. Der Vize-Vorsitzende des Städtetags stand damit nicht allein: Die Offenburger Oberbürgermeisterin Edith Schreiner und Haslachs Bürgermeister Heinz Winkler – auch die beiden sitzen im Vorstand des Städtetags – forderten vehement „das Geld, das uns zusteht, um unsere Aufgaben zu erfüllen“.

Schon zuvor hatten Städtetag, Gemeindetag und Landkreistag ihren Widerspruch in einem Positionspapier – das auch Protestpapier heißen könnte – an Sitzmann formuliert. Es gab mächtig Zoff zwischen den Kommunen und der Regierung. Für eine diesbezügliche Anfrage des Wirtschaftsmagazins business im Breisgau hatte Sitzmann keine Zeit.

Drei Grüne, ein Streit: Dieter Salomon attackierte Edith Sitzmann und Winfried Kretschmann, weil das Land die eigene schwarze Null auf dem Rücken der Kommunen plante.

Drei Grüne, ein Streit: Dieter Salomon attackierte Edith Sitzmann und Winfried Kretschmann, weil das Land die eigene schwarze Null auf dem Rücken der Kommunen plante.

„Es ist nicht hinnehmbar, wenn das Land auf Kosten der Kommunen seinen Haushalt saniert. Das bringt die Städte und Kommunen in eine gefährliche Schieflage“, hatte ihr Parteifreund Salomon kritisiert. Da Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble dem Ländle aus sprudelnden Steuereinnahmen 2017 auch noch eine Milliarde Euro mehr überweisen wird, sei der Forderung aus Stuttgart die Grundlage entzogen, so Salomon: „Wir wehren uns mit aller Macht gegen die Kommunalisierung der Schulden durch das Land.“

Städte und Gemeinden müssten immer mehr Aufgaben übernehmen, zudem habe die Flüchtlingsversorgung die Kassen stark belastet. Allein Freiburg habe 60 Millionen Euro für Unterkünfte ausgegeben, Geld, das nur in kleinen Raten aus Stuttgart zurückfließt. „Es ist völlig undenkbar, dass die Kommunen die großen Aufgaben stemmen können, wenn wir dafür keine Unterstützung vom Land bekommen.“

Die kommt jetzt: Der Pakt für Integration wird auf 160 Millionen Euro aufgestockt, 90 Millionen Euro gehen als Kopfpauschale für Flüchtlinge (1125 Euro) direkt an die Kommunen, 70 Millionen mehr bekommt das Sozialministerium für Integrationsprogramme, von denen wieder die Städte und Gemeinden indirekt profitieren. Zudem schiebt das Land zehn Prozent aus seinem eigenen Sanierungstopf an die Kommunen weiter. Der kommunale Investitionsfonds wird so um 35 Millionen Euro aufgestockt.

Das Land sitzt aktuell auf 47 Milliarden Euro an Verbindlichkeiten. Bis vor Weihnachten muss Sitzmann den 48 Milliarden Euro schweren Haushaltsentwurf im Detail vorlegen.

Text: Lars Bargmann / Fotos: © ns, Staatsministerium