Hickhack um Ciber: Übernahme, Pleite, Übernahme – und 110 gestrichene Jobs STADTGEPLAUDER | 26.05.2017

Für die deutschen Mitarbeiter des US-amerikanischen Softwarekonzerns Ciber ist 2017 ein bewegtes Jahr. Sie haben viel erlebt. Dass das Europageschäft für Ciber nicht gut lief zuletzt, war ein offenes Geheimnis. Also verkündete der Konzern, das Segment abzustoßen. Darunter auch den Standort Freiburg, der auf seinem Höhepunkt mal mehr als 200 Mitarbeiter hatte. Der Verkauf wurde bekannt gegeben, dann wegen der Insolvenz von Ciber gestoppt und geht nun doch über die Bühne. Käufer ist dieselbe Firma, mit der sich Ciber bereits einig gewesen war. Hin und her, vor und wieder zurück – war das wirklich notwendig?

Anfang Februar war die Welt am Fahnenbergplatz noch in Ordnung. Dort sitzt die deutsche Ciber-Tochter. Die insgesamt 280 Mitarbeiter in Deutschland erlösten zuletzt einen Umsatz von 90 Millionen Euro. Doch weil der Konzernmutter in den USA das Geld ausging, stellte man die deutsche Tochter zum Verkauf. Mit vermeintlichem Erfolg: Der Münchener IT-Konzern Allgeier schnappte zu. Am 4. Februar wurde das Geschäft verkündet. Innerhalb der nächsten Wochen werde man Nägel mit Köpfen machen. Doch dazu kam es nicht.

Denn als der Deal gerade über die Bühne gehen sollte, drehten die Amerikaner ihren europäischen Dependancen den Geldhahn zu. Ciber meldete Ende März Insolvenz für seine deutsche Tochter an. Allgeier stoppte die Übernahme – vorerst. Denn nur etwa eine Woche später verkündeten Ciber und Allgeier dann erneut Vollzug. Allerdings über den Insolvenzverwalter aus Köln und mit einem bitteren Beigeschmack: Mehr als 110 Menschen verlieren ihre Arbeitsplätze. Nach der Übernahme bleiben nur 170 Jobs erhalten.

Schon der Verkauf im Februar erfolgte nicht aus freien Stücken. Ciber brauchte das Geld, um einen Kredit bei der US-Bank Wells Fargo zurückzuzahlen. Bereits im November hatte Wells Fargo dem IT-Unternehmen ein Ultimatum gestellt. Dies wurde zwar noch mal verlängert, doch ohne anhaltenden Erfolg. Insgesamt brauchte Ciber bereits damals deutlich mehr als die maximal acht Millionen Euro, die Allgeier zu zahlen bereit war. Es war in etwa so, als würde man versuchen, eine Kiste Bier mit dem Geld fürs Leergut zu kaufen. Die Erlöse aus dem Verkauf von Ciber Deutschland kamen nie auch nur in die Nähe dessen, was Ciber Wells Fargo schuldete. Die Eskalation war vorherbestimmt.

Das Europa-Geschäft war schon länger ein Sorgenkind des SAP-Spezialisten. Zuletzt waren die Umsätze hier um fast 30 Prozent eingebrochen. Sein Geschäft in Norwegen, Schweden und den Niederlanden hat Ciber darum bereits verkauft. Der Niedergang zeigt sich besonders eklatant am Standort Freiburg. Vor drei Jahren hatte das Unternehmen hier noch mehr als 200 Mitarbeiter. Die Niederlassung im Hochhaus am Fahnenbergplatz war die stärkste in Deutschland. Zuletzt ging es aber deutlich bergab. Anfang Februar waren in Freiburg noch 50 feste und 20 freie Mitarbeiter beschäftigt. Nach der Insolvenz gab es den nächsten Aderlass. Führungskräfte und andere Mitarbeiter verließen das sinkende Schiff. Ciber drohte auszubluten. Aktuell sind vor Ort nur noch etwa 40 Mitarbeiter beschäftigt.

Ein eindeutiges Bekenntnis zum Standort Freiburg fehlt noch. Firmensprecher Christopher Große sagt: „Teil unseres Kaufangebots im Februar war, alle Standorte zu erhalten. Ich gehe davon aus, dass sich daran nichts geändert hat.“ In Freiburg sollen künftig unter dem Namen Allgeier alle Leistungen angeboten werden. Verkauft sind auch die Büros in Köln, Sulzbach im Taunus und Heidelberg, Sitz der Deutschland-Verwaltung.

Allgeier erlöst mit 6300 Mitarbeitern einen Umsatz von zuletzt knapp einer halben Milliarde Euro. Die Unternehmensgruppe mit Hauptsitz in München hat mehr als 100 Niederlassungen allein im deutschsprachigen Raum. Daneben ist das Unternehmen im übrigen Europa, den USA, Mexiko, Singapur, Vietnam und in Indien vertreten.

Text: Philipp Peters / Foto: © bar