Neuregelungen der Erbschaftsteuer führen zu noch mehr Bürokratie STADTGEPLAUDER | 14.11.2016

Die lange umstrittene Erbschaftsteuerreform ist nun – deutlich verspätet – beschlossene Sache. Nachdem der Bundesrat dem Kompromissvorschlag des Vermittlungsausschusses am 22. September zugestimmt hat, sollen die Neuregelungen rückwirkend zum 1. Juli 2016 in Kraft treten. Das Bundesverfassungsgericht (BVG) hatte im Dezember 2014 Teile der damaligen Erbschaftsteuer-Vergünstigungen für Firmenerben verworfen und dem Gesetzgeber eine Frist zur Neuregelung bis Ende Juni gesetzt. Ob sich das BVG mit dem Kompromiss nun zufriedengibt, bleibt abzuwarten.

Mathias Hecht ist Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Geschäftsführer bei der Hecht und Partner Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in Freiburg.

Mathias Hecht ist Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Geschäftsführer bei der Hecht und Partner Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in Freiburg.

Wichtige Änderungen gibt es etwa bei der Bewertung von Unternehmen nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren. Der zinsabhängige Multiplikationsfaktor wird auf derzeit 13,75 Prozent angehoben. Die Festsetzung dieses Faktors bleibt weiterhin willkürlich. Unternehmer können aber zum Nachweis eines niedrigeren Wertes ein – kostspieliges – Unternehmenswertgutachten in Auftrag geben.

Für kleine und mittlere Unternehmen gelten die bisherigen Verschonungsregelungen (Regelverschonung von 85 Prozent und Optionsverschonung von 100 Prozent des begünstigten Betriebsvermögens) unverändert weiter. Für große Familienunternehmen ab 26 Millionen Euro aber wird eine Steuerbefreiung nur noch gewährt, soweit dies notwendig ist, um das Unternehmen fortzuführen. Demnach muss der Erbe künftig zur Tilgung der Steuerschuld bis zu 50 Prozent seines Privatvermögens einsetzen. Um dies zu vermeiden, wird alternativ für Vermögen zwischen 26 und 90 Millionen Euro das Abschmelzmodell eingeführt. Abschmelzung bedeutet, dass der Steuerrabatt mit zunehmendem Wert des geerbten Vermögens (Obergrenze 90 Millionen Euro) sinkt. Achtung: Wird die Verschonungsbedarfsprüfung gewählt, schließen sich für den Erben lange Behaltensfristen an. Weitere Nachteile können im Falle einer erneuten Erbschaft innerhalb von zehn Jahren entstehen.

Der Vorwegabschlag auf den Unternehmenswert von maximal 30 Prozent bleibt zwar bestehen, Voraussetzung ist aber, dass die Gesellschafter nachweisbar langfristig an das geerbte Unternehmen gebunden sind, weil sie in der Verfügung über ihren Anteil auf Jahre beschränkt sind und die Gewinnentnahme auf 37,5 Prozent der Gewinne nach Steuern begrenzt ist.

Kleinbetriebe mit bis zu 5 Arbeitnehmern werden von der Lohnsummenregelung verschont. Allerdings müssen auch sie für den Erhalt der Steuerbefreiung das Unternehmen fünf bis sieben Jahre fortführen.

Mittel aus dem Verwaltungsvermögen eines Nachlasses, die nach dem Willen des Erblassers innerhalb von zwei Jahren nach seinem Tod in das Unternehmen investiert werden, werden künftig begünstigt. Firmenerben können zudem eine siebenjährige Stundung in Anspruch nehmen. Diese ist zwar im ersten Jahr zinslos, danach werden aber satte sechs Prozent (!) fällig.

Und schließlich wird der Begriff des „schädlichen Verwaltungsvermögens“ in modifizierter Form beibehalten. Darunter fallen künftig auch Luxusgegenstände wie Oldtimer, Yachten oder Kunstgegenstände.

Fazit: An den Neuregelungen zu kritisieren sind eine weitere Verkomplizierung der Erbschaftbesteuerung bei Unternehmen, der bürokratische Mehraufwand und die dadurch verursachten Mehrkosten. Dennoch bleiben Betriebsvermögen bei optimaler steuerlicher Gestaltung, etwa im Verwaltungsvermögensbereich, weiterhin in großem Umfang von der Erbschaftsteuer verschont. Ob die Neuregelungen aber ausreichen werden, um die vom BVG monierten Ungleichheiten der begünstigten Besteuerung von Firmenvermögen im Vergleich zur nicht begünstigten Besteuerung anderer Vermögen beseitigt zu haben, darf bezweifelt werden.

Weitere Infos unter www.hbm-partner.de

Text: Mathias Hecht / Foto: © ns