Oma Klara macht alte Mode hip KARRIERE & CAMPUS | 14.08.2016

Mona Schütt kann sich vor Anfragen kaum retten. Aus ganz Deutschland bieten ihr ältere Damen Kleider aus längst vergangenen Tagen an. Die 33-Jährige vertreibt diese als „Oma Klara“ an junge Kundinnen. Ihr Lager platzt aus allen Nähten. Das chilli hat „Oma Klara“ bei der Schatzsuche in Freiburg begleitet.

Mona Schütt (links) mit Karin Koritska

Historisch: Karin Koritska (links) erzählt Mona Schütt Geschichten zu ihrer alten Kleidungsstücken.

Weiß-rot-blaue Bluse, Goldkette, braune lange Haare: Retro-schick sieht „Oma Klara“ alias Mona Schütt an diesem Dienstagmorgen aus. Heute besucht sie Karin Koritska in Freiburg-Lehen. Die 72-Jährige hat sich bei Schütt gemeldet. Denn in ihrem Kleiderschrank warten bestens erhaltene Kleider auf den zweiten Frühling. Schütt sammelt und verkauft die Retroteile an modebewusste Mädels. Mitsamt der Geschichte, die ihr die „Omas“ dazu erzählen.

„Kommen sie rein“, sagt Karin Koritska strahlend. Ihr Hund Charlie bellt vorfreudig. Schütt lässt sich nicht lange bitten. Die beiden begrüßen sich herzlich, plaudern ein wenig auf der Wohnzimmercouch. „Ich bin über eine Illustrierte auf ‚Oma Klara’ gestoßen. Da habe ich einfach mal angerufen“, berichtet Koritska. Ihre alten Sachen gebe sie nur zu gerne weiter. „In der Altkleidersammlung werden tonnenweise Kleider vernichtet. Bei ‚Oma Klara’ weiß ich, dass sie getragen werden.“

Karin Koritska früher

Retro: Vor Jahrzehnten hat Karin Koritska die orangene Bluse gerne getragen. Heute überlässt sie sie Oma Klara zum Verkauf.

Schütt vertreibt die Sachen von Schallstadt aus über ihren Online-Shop oma-klara.de. Von den Einnahmen bekommen die „Omas“ 20 Prozent. Der Preis ist Koritska aber egal. Hauptsache die Sachen werden getragen. So ist’s bei vielen „Omas“, berichtet Schütt.

Dann geht’s zur „Schatzkammerim zweiten Stock. In einem schummrigen Kämmerchen hat die Rentnerin alte Kleider fein säuberlich auf eine Stange gehängt. „Nehmen Sie, was Ihnen gefällt“, sagt Koritska. Schütt macht sich gleich auf die Suche. „Das sind Sachen aus den 50er und 60er Jahren, die ich heute wegen meiner Breite nicht mehr tragen kann“, erklärt die Rentnerin. Dass die Sachen bei „Oma Klara“ so gut ankommen, überrascht sie. „Heute tragen die jungen Leute ja lieber zerschlissene Hosen.“

Doch die Nachfrage ist groß. „80 Prozent der Kleider habe ich verkauft“, berichtet Schütt, während sie einen roten Pullover mustert. Bestellungen verschickt sie bis nach Hamburg, Berlin oder Köln. Lange suchen muss sie die Vintage-Mode nicht. Mehr als 100 Kleiderschränke durfte sie schon durchwühlen. Rund 60 Omas sind auf der Warteliste. „Manchmal schicken 80-Jährige sogar Fotos der Kleider per WhatsApp“, erzählt Schütt. Ihre Wohnung in Schallstadt ist auch Lager des Ein-Frau-Betriebs. Es platzt aus allen Nähten.

Mona Schuett

Gefunden: Mona Schütt hat in Koritskas Kleiderkammer eine Bluse entdeckt.

Schütt hat mittlerweile ein gutes Dutzend Kleidungsstücke gefunden und auf die Couch gelegt. Eine orangene Bluse mit schwarzen Punkten, ein weiß-blaues Hemd, ein helles Kleid mit blauen Rosen. Nun lässt sie sich von Koritska zu jedem Teil eine Geschichte aus alten Zeiten erzählen. Diese legt sie den Kundinnen später mit ins Päckchen.

Auf die Idee zu „Oma Klara“ ist Schütt beim 70. Geburtstag ihrer Oma Inge gekommen. Die war so modern gekleidet, dass sie eine Geschäftsidee witterte. Damals war sie noch Beamtin beim Landeskriminalamt in Stuttgart. Seit bald zwei Jahren verkauft sie nun Vintageklamotten von Alt an Jung. Mit einer Crowdfunding-Kampagne hat sie zuletzt 10.000 Euro eingenommen. Damit hat sie im Juni eine Praktikantin eingestellt, eine Teilzeitkraft soll im Herbst folgen. Auch Männer haben schon bei ihr nachgefragt. Deren Vorschlag für die Herrenabteilung: Opa August.

Info: Hier geht’s zum Onlineshop von Oma Klara.

Text: Till Neumann / Fotos: © Till Neumann & privat