Zwischen Küche und Büro: Systemgastronomen müssen auch Zahlen mögen KARRIERE & CAMPUS | 19.01.2018 | Verena Wolff

Dass Pizza und Burger in Restaurantketten überall auf der Erde gleich aussehen, ist kein Zufall. Die Vorgaben sind genau. Und damit die Abläufe möglichst effizient sind, bilden viele Betriebe Systemgastronomen aus.

Kevin Baltrocco steht gerne hinter der Theke. Schon nach dem Abitur hat der heute 24-Jährige in einer Bar gejobbt – aber die Arbeitszeiten fand er nicht optimal. „Als ich nach einem Ausbildungsplatz gesucht habe, bin ich auf die Systemgastronomie gestoßen“, sagt er. Bei Vapiano, einer Kette, in der italienisch gekocht wird, hat er schließlich begonnen. Nicht nur um das Zubereiten der Speisen muss er sich kümmern, es geht auch viel um Organisation und Abläufe, sagt sein Ausbilder Tom Lichtenstein.

„Schon in der Ausbildung werden die angehenden Systemgastronomen an die Managementebene herangebracht“, erklärt er. Damit soll vor allem das Verantwortungsbewusstsein geschult werden. Auch bei McDonald’s, dem größten Arbeitgeber für Systemgastronomen, geht es nicht nur ums Burgerbraten: „Die Ausbildung zum Fachmann für Systemgastronomie (Fasy) ist eine kaufmännische mit teilweise gastronomischen Lerninhalten“, sagt Tanja Hoffmann-Bucci, Ausbilderin bei der Fast-Food-Kette in Deutschland.

Um betriebswirtschaftliche Zusammenhänge im Restaurant geht es ebenso wie um die Bereiche Mitarbeiterführung und Marketing. „Systemgastronomen sind außerdem Spezialisten für eine gleichbleibende Qualität im Restaurant“, sagt sie. Durchlaufen haben sollte man jede Station, um neue Mitarbeiter einlernen zu können oder einzuspringen, wenn Löcher im Dienstplan auftreten.

Doch nicht nur die Burger-Ketten und Vapiano beschäftigen Systemgastronomen, sondern auch Unternehmen wie Nordsee, Block House oder Maredo. Zunehmend werden die Fachleute auch von anderen Unternehmen gesucht, die langsam in die Systemgastronomie einsteigen, sagt Christoph Schink, Jugendsekretär bei der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten.

Bäckereien gehören dazu, die inzwischen häufig auch einen kleinen Mittagstisch anbieten. Und der muss von gleichbleibender Qualität sein und in jeder Filiale der Norm entsprechen. Ausgebildet wird in diesem Beruf seit knapp 20 Jahren.

Die komplette Kette der Zutaten und der Zubereitung liegt in der Hand der Fachleute: Sie organisieren Lieferung und Lagerung der Produkte und die Zubereitung der Speisen. „Dabei müssen wir uns natürlich an die Qualitätsstandards und die Vorschriften zur Hygiene halten“, sagt Baltrocco. Geplant werden auch die Schichten und die Abläufe. Der eigentliche Job der Fachleute für Systemgastronomie ist somit nicht mehr hinter der Theke, sondern eher im Büro und in der Verwaltung.

Mittlere Reife oder Abitur erwarten die meisten ausbildenden Betriebe von ihren Bewerbern. Zwar schaut man auf die Mathenote, sagt Lichtenstein, doch wichtig ist etwas anderes: „Die Arbeit mit Menschen und die Personalführung, dazu kaufmännisches Denken und Organisieren.“ Denn: „Die Systemgastronomie ist so komplex, dass alles nur funktionieren kann, wenn ein Rädchen ins andere greift.“

Darum lässt er die Bewerber erzählen, wie sie einen Abend organisieren, bei dem sie mit Freunden kochen: „Planen, einkaufen, schnipseln, kochen und am Ende wieder aufräumen – das ist nicht anders als bei uns im Restaurant auch.“ Und zwar auf der ganzen Welt. Vapiano ist mit rund 90 Restaurants in Deutschland vertreten und insgesamt in 32 Ländern weltweit. „Unsere Kunden wollen, dass sie überall auf der Welt die gleichen Gerichte im gleichen Ambiente bekommen“, sagt Lichtenstein. Das bedarf genauer Vorgaben für die einzelnen Restaurants, die von dem Unternehmen selbst, einem Joint Venture oder als Franchise-Betrieb geführt werden. Und dafür sind auch die Auszubildenden zuständig, die zunächst von der Produktion der Pasta- und Pizzateige bis hin zur Café-Bar überall eingesetzt werden. In der Berufsschule und im Betrieb kommen dann das kaufmännische Wissen und der theoretische Hintergrund dazu.

„Die jungen Leute müssen in der Ausbildung sehr viele verschiedene Bereiche durchlaufen – egal, bei welchem Arbeitgeber“, sagt Schink. Auch er betont, dass es dabei weniger auf Schulnoten als vielmehr auf die „Lust auf Menschen“ ankommt. Denn die Systemgastronomen müssen nicht nur mit den Mitarbeitern und Vorgesetzten gut auskommen, sondern auch mit den Gästen.

Kevin Baltrocco steht noch immer gerne hinter der Bartheke. Doch er hat während seiner Ausbildung schon eine neue Leidenschaft gefunden: die Qualitätssicherung. In diesem Bereich hat er bereits in der Zentrale des Unternehmens gearbeitet, und in diese Richtung will er gehen, wenn er seinen Abschluss gemacht haben wird.

Foto: © dpa/Christoph Schmidt