Buch-Tipp: "Meine Geschichte ohne dich" von Gonzalo Torné Kultur | 25.06.2017

Was soll Joan-Marc auch machen? Zwei Ehen sind kaputt, das Geld ist knapp, das Leben als Mittvierziger in einem krisengeschüttelten Land ist mehr als lausig, die Freunde von früher, die man via Facebook ausgegraben hat, sind auch nur verkrachte Existenzen. Und der Versöhnungssex, den er mit seiner ersten Frau – einer einst umwerfenden, dann aber in Suff und Melancholie abgedrifteten US-Amerikanerin – praktizieren wollte, gerät auch zur Farce.

Gonzalo Torné, 1976 in Barcelona geboren, übt in seinem dritten, dem ersten auf Deutsch vorliegenden Roman „Meine Geschichte ohne dich“ scharfe Kritik an der katalanischen Bourgeoisie, erforscht seelische Abgründe und seziert männliche Befind­lichkeiten – ohne dem Selbstmitleid zu verfallen. Das spanische Feuilleton hat das 2013 unter dem Namen „Divorcio en el Aire“ erschienene Buch gefeiert als kompromissloses Plädoyer gegen die Institution der Ehe. Es ist mehr als das.

Auf 380 Seiten nimmt uns Torné, der in seiner Heimatstadt Philosophie studierte, in Spanien zahlreiche Preise erhielt und bei renommierten Verlagen arbeitete, mit auf eine feinsinnig komponierte Reise zwischen Rausch und Lebensüberdruss. Es ist ein nüchtern-gefasster Abgesang auf die Hoffnung. Es ist große Literatur, wenn auch nicht immer erbaulich.

Text: Dominik Bloedner

Meine Geschichte ohne dich
von Gonzalo Torné
aus dem Spanischen von Petra Strien
Verlag: DVA, München, 2017
380 Seiten, gebunden
Preis: 21,99 Euro