Was die Menschen antreibt: „Jenseits von Bollenhut und Kuckucksuhr“ als Frezi Kultur | 22.11.2017 | Dominik Bloedner

Dass der Bollenhut ursprünglich aus dem Raum Gutach stammt und derzeit eine vermeintlich entstaubte Renaissance bei Tourismusstrategen feiert, weiß man. Auch über die Schwarzwälder Kuckucksuhr, die Mitte des 18. Jahrhunderts vermutlich in Schönwald entworfen wurde und die derzeit, in modernem Gewand, wieder en vogue ist, ist bereits viel geschrieben worden in den zahlreichen Regioführern. Es sind fast immer die gleichen Geschichten.


Umso erfrischender ist
der Ansatz der in Münstertal lebenden freien Journalistin Gabriele Hennicke, die sich dem Schwarzwald von einer anderen Seite nähert. Sie beschreibt in 16 Kapiteln Tüftler, Pioniere und Originale und will herauskitzeln, was denn diese Menschen antreibt.

Da ist zum Beispiel die Familie Riesterer aus dem Münstertal, die einmal im Jahr an Ostern den Kohlenmeiler in Brand entfachen. Damit setzen sie zum einen eine jahrhundertealte, nahezu verschwundene Tradition fort, zum anderen sind sie dem verstorbenen Vater nah, der einer der letzten Köhler war. Da ist weiterhin der Ökowinzer Heinrich Gretzmeier aus Merdingen, der Trüffel in seinen Weinbergen sucht und findet. Da ist auch der Landwirt Martin Braun aus Hinterzarten, der aus dem Rohstoff Molke eine eigene Kosmetiklinie entwickelt hat. Und da sind noch mehr. Man liest es und denkt, hoppla: Der Schwarzwald bietet mehr als ausgetretene Pfade.

Jenseits von Bollenhut und Kuckucksuhr
von Gabriele Hennicke
Verlag: Rombach, 2017
128 Seiten, broschiert
Preis: 14,90 Euro