Kinostart: Im Himmel trägt man hohe Schuhe Kinonews | 31.03.2016

Es ist die bemüht beruhigende Stimme des Arztes, die Milly beunruhigt: Die lebenslustige, schrille Karrierefrau in den besten Jahren ist gerade dabei, ihm betont bagatellisierend zu erklären, dass sie es aus Zeitgründen zuletzt mit den Vorsorgeuntersuchungen nicht so genau genommen habe, als ihr die Worte im Hals stecken bleiben. Und sich in ihrem Gesicht pures Entsetzen ausbreitet. Mit eindringlich mitfühlendem Blick eröffnet ihr der Mediziner, dass die Untersuchung des in ihrer Brust gefundenen Knotens ergeben habe, dass dieser bösartig sei.
 

 
Nach dieser niederschmetternden Nachricht sucht Milly wie immer erst einmal den Menschen auf, dem sie sich am nächsten fühlt. Und das ist nicht etwa Ehemann Kit, sondern ihre Freundin Jess, mit der sie seit Kindestagen unzertrennlich verbunden ist. Seit Jess in Millys Klasse kam, haben die beiden ziemlich unterschiedlichen Frauen so ziemlich alles miteinander geteilt: Klamotten, Geheimnisse, Vorlieben, erste Kuss-Partner. Einzig die jeweiligen Ehemänner waren von ihrer unausgesprochenen Absprache ausgenommen.
 

 
In der folgenden klamaukigen Achterbahnfahrt durch Bars, Chemotherapiezentren, Perückenläden, Reha-Einrichtungen, Spezial-BH-Geschäften und Hotelbetten ist Jess denn auch Millys ständige treue Begleiterin. Und stellt – zum Ärger des Lebenspartners Jago – ihre eigenen Interessen, ihr eigenes Privatleben hintan. Wie eigentlich immer: Die extrovertierte Milly hatte in der Beziehung von Anfang an den lauteren, wagemutigeren und überschwänglicheren Part inne. Sie hat immer mehr gefordert, mehr herausgefordert als die eigentlich ganz brave Jess. Sie hat es in ihrem Leben auch weiter gebracht: Sie ist beruflich äußerst erfolgreich, während Jess immer noch in der kreativen Phase stagniert. Und während Jess sich immer noch mit allen Mitteln bemüht, schwanger zu werden, hat Milly ihre beiden Kinder längst bekommen – ohne Nachhilfe und Komplikationen.
 
Als es bei Jess dann endlich klappt, geht sie allmählich auf Distanz zu Milly, will sich an deren exzentrischen (Über)Lebensstrategien nicht länger beteiligen. Zum ersten Mal kommt es zwischen den Freundinnen zu einem ernsthaften Zerwürfnis, das von Jess’ Seite im Abbruch der Beziehungen endet. Zwar kommt es – wie immer, wenn Milly beteiligt ist – zu einer völlig unerwarteten und höchst ungewöhnlichen Versöhnung, doch die Wege trennen sich schließlich endgültig.
 

 
Trotz des ernsten Hintergrunds ist es ein großes Vergnügen, den beiden Frauen bei ihren Berg- und Talfahrten zuzusehen, zu erleben, mit welch britischem Galgenhumor vor allem die grandios von Toni Collette verkörperte Milly ihre aussichtlose Diagnose annimmt. Und die verbleibende Zeit nutzt. Chapeau!
 
Text: Erika Weisser / Fotos: © Neue Visionen Filmverleih
 

 
 
 
 
Im Himmel trägt man hohe Schuhe
Großbritannien 2015

Regie: Catherine Hardwicke
Mit: Toni Collette, Drew Barrymore, Dominic Cooper u.a.
Verleih: Neue Visionen
Laufzeit: 112 Minuten
Start: 31.3.2016