Koloniale Hautfarbenlehre: Buchtitel "Unter Weissen" bewusst zweideutig Kultur | 23.05.2017

Der Titel ist – bewusst – zweideutig: Mohamed Amjahid, Sohn marokkanischer „Gastarbeiter“, lebt und bewegt sich ständig unter Weißen. Und er rangiert – gemäß der noch immer verbreiteten „kolonialen Hautfarbenlehre“ – zwar über Menschen mit noch dunklerer Haut, aber dennoch unter Weißen: als „Nafri“.

Erlebt hat der 28-jährige politische Reporter und Redakteur des Zeit-Magazins diese kollektive Zuordnung schon oft, verstärkt nach der viel zitierten Kölner Silvesternacht. Etwa wenn eine Frau ihre Handtasche fester umklammert, wenn er sich in der U-Bahn neben sie setzt. Oder als er an der Kasse eines Drogeriemarkts überbezahltes Wechselgeld zurückgibt und zu hören bekommt, dass man das „von Leuten wie Ihnen nie erwartet hätte“.

Amjahid stellt indessen nicht nur anhand persönlicher Erfahrungen dar, wie der unterschwellige Rassismus funktioniert und wirkt. So schreibt er von einem Richter, der einen Marokkaner wegen Diebstahls zu einer hohen Bewährungsstrafe verurteilt und in der Begründung wiederholt von „unserer Zivi­lisation“ und „Menschen wie Sie“ spricht. Oder von einem schwulen Araber, der Vergewaltigungsanfragen bekommt.

Er weist nach, dass gegen stereo­types Denken niemand immun ist. Auch er selbst nicht. Ein Augenöffner.

Text: Erika Weisser

Unter Weissen
von Mohamed Amjahid
Verlag: Hanser Berlin, 2017
192 Seiten, Paperback
Preis: 16 Euro