Gewerbeverein Elzach: Vom Sorgenkind zum Musterschüler SPECIALS | 31.07.2017

Gewerbevereine sind freiwillige Vereinigungen von Unternehmern, um gemeinsam wirtschaftliche und politische Interessen besser vertreten zu können. Klingt gut, hat aber oft den Nachteil, dass Rivalitäten, Desinteresse oder das Fehlen eines gemeinsamen Zieles die Arbeit des Vereins obsolet machen: Nicht wenige dümpeln daher träge und wirkungslos vor sich hin. Der in Elzach hat genau das erlebt: Überalterung, Desinteresse, Trägheit. Heute gilt der Gewerbeverein jedoch bundesweit als Musterbeispiel und wird gern als Vorbild empfohlen.

Ulrich Volk stellt seine Arbeit im Gewerbeverein Elzach bei der Mitgliederversammlung des Gewerbevereins in Müllheim vor.

Elzachs Bürgermeister Roland Tibi berichtet, dass der „alte“ Verein eine „Mischung aus Jammern und Fordern“ gewesen sei, räumt aber auch ein, dass man nicht so recht miteinander konnte. Das änderte sich, als der Schuhhändler Ulrich Volk an die Spitze des Vereins gedrängt wurde. Er verpasste dem Gewerbeverein ein Leitbild, in dem nicht nur einzelne Ziele festgehalten wurden, sondern auch klargemacht wurde, weshalb diese Institution so wichtig ist.

Dann entrümpelte er den Vorstand, der überaltert war, und führte Fachgruppen ein: War der Verein bis dahin vom Handel und Handwerk dominiert worden, so fanden sich nun auch Gastronomen, Freiberufler, Banken, Gründer, Industriebetriebe und Verbraucher in eigenen Untergruppen wieder. Diese stellen Vorstandsmitglieder, arbeiten aber sonst selbstständig. Bei Gruppenaktionen wird abgeklärt, ob andere Gruppen einbezogen werden können – beim Trödelmarkt stellt dann etwa die Gastro-Gruppe die Verpflegung. Eine Geschäftsstelle nimmt Bürgeranregungen entgegen, bearbeitet Mitgliederanfragen und -anregungen. 88 meist überalterte Mitglieder zählte der Verein 2014, heute sind es 122, darunter sehr viele junge Unternehmer.

Und Ulrich Volk tingelt inzwischen von Verein zu Verein und stellt sein Konzept vor – Motto: „Hier sind Ideen, wie ein Gewerbeverein Fahrt aufnehmen kann!“ Man muss sich, sagt er, von „Miesmachern und Bremsern“ trennen, man muss „die Jugend ins Boot holen, denn die sind die Zukunft – des Vereins wie des Gewerbes am Ort.“ Und, so sein Credo, man muss klarmachen, dass Stadt und Gewerbeverein nicht nur im gleichen Boot sitzen, sondern auch das gleiche Ziel haben: Prosperität für die Kommune.

Daher gibt es einen erfolgreichen runden Tisch, an dem Gewerbeverein, Gemeinderat und Bürgermeister sich besprechen, Ziele abstecken, Friktionen abbauen, Aktionen planen. „Mitmachen“ heißt bei allen Beteiligten die Devise. Volk gibt aber auch zu, dass diese erfolgreiche Reanimation nicht nur sein Alleinverdienst ist: Man könne miteinander, sagen er und Bürgermeister Tibi und: „Wir hatten auch professionelle Begleitung.“ Die Endinger Agentur für professionelles Stadtmarketing Meyer & Koch stand zur Seite und liefert auch heute noch Input für Veranstaltungen wie beispielsweise den „Schwarzwald Heimat Markt“, an dem Ende April Elzach zum Tummelplatz verschiedenster Anbieter unter dem Rubrum „Heimat“ wurde – und tausende Besucher anzog.

Elzachs runderneuerter Gewerbeverein ist mehr als die Verbindung von Gewerbe und Politik oder eine Pressure-Group für Kaufkraftbindung am Ort. Der Verein agiert, zusammen mit der Ortsverwaltung, für den Ort, weil nur in dieser Partnerschaft die Gemeinde prosperieren kann. Und das wiederum den Vereinsmitgliedern hilft.

Wäre der Ausdruck nicht so abgedroschen, so müsste man Ulrich Volk bescheinigen, dass er mit seiner Vereinssanierung eine „Win-Win-Situation“ für Ort und Gewerbe geschaffen hat.

Text und Foto: Stefan Pawellek