IHK fordert flexiblere Arbeitszeiten: Geschäftslage auf Rekordniveau Politik & Wirtschaft | 01.12.2017 | Philip Thomas

Die Wirtschaft in Südbaden setzt ihre positive Entwicklung fort. Vertreter der Industrie- und Handelskammer Südlicher Oberrhein (IHK) melden auch für den Herbst Wachstum. Konstanz beweist aber auch der anhaltende Fachkräftemangel – und trübt das Investorenklima. Branchenvorsitzende appellierten vor Journalisten an die neue Bundesregierung, die Arbeitsgesetze zu lockern.

IHK-Präsident Steffen Auer berichtete über erfreuliche Ergebnisse: So stieg der Höchstwert der Geschäftslagebewertung vom Frühsommer um drei auf nun 57 Punkte. Nur drei Prozent der Betriebe sind unzufrieden. Ängste über negative Einflüsse durch Trump oder Brexit hätten sich aber nicht bestätigt.

Obwohl die Betriebe im IHK-Bezirk im vergangenen Jahr rund 9000 Arbeitsstellen geschaffen haben: In den kommenden Monaten sind nur bei jedem vierten Neueinstellungen geplant. Grund dafür, so Auer, sei der allgemeine Fachkräftemangel, der endgültig bei den Unternehmen angekommen sei und durch den demographischen Wandel noch verschlimmert werde.

Das Anwerben ausländischer Arbeitskräfte als mögliches Instrument würde vor allem an der hohen deutschen Sprachbarriere scheitern. Die Vertreter beklagten zudem die deutschen Arbeitsgesetze, die in ihrer jetzigen Fassung sowohl den Betrieben als auch ihren Arbeitnehmern hinderlich seien.

„Niemand soll mehr arbeiten“, versichert Peter Erhardt, selbst Gastronom und Vorsitzender des IHK-Tourismus-Ausschusses. Er wünscht sich schlicht eine Flexibilisierung des Arbeitsgesetzes, die etwa einem Kellner in seiner Wirtschaft erlauben würde, bei einer Hochzeit punktuell länger zu arbeiten. Die an dem Tag aufgegebene Freizeit könne er an anderer Stelle nachholen. „Service zeichnet unser Gewerbe eben aus“, so Erhardt. Das Arbeitszeitgesetz sieht eine maximale Arbeitszeit von acht Stunden an einem Werktag vor. Die Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten kritisierte die Forderungen. Noch flexiblere Arbeitszeiten würden nur zu noch höheren Problemen bei der Gewinnung von Personal führen.

Auch Peter Welling, der Vorsitzende des Verkehrsgewerbes, hofft auf die neue Bundesregierung: Zwar brumme seine Branche weiterhin, doch die wichtigen und minutiösen Kontrollen seiner Lastwagenfahrer hätten oft zur Folge, dass Fahrer durch einen unvorhergesehenen Stau wenige Kilometer von zu Hause auf einem Rastplatz nächtigen müssten: „Deutsche Fahrer wollen abends zu Hause sein.“

Weiteren Handlungsbedarf sieht Welling beim inländischen Transportwesen gegenüber Anbietern gerade aus dem osteuropäischen Raum: Lokale Speditionen seien im Nachteil, weil Fahrer aus dem Ausland im Falle eines Verstoßes gegen die starren Lenk- und Ruhezeiten die Angelegenheit durch ein schlichtes Bußgeld regeln könnten. Auf deutscher Seite hätte so ein Vorfall schnell eine komplette Betriebsprüfung zur Folge.

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