Skepsis bei Reform: Nicolas Schill über das neue Bauvertragsrecht Bauen & Wohnen | 12.09.2017 | Lars Bargmann

Der Bundestag hat ein neues Bauvertragsrecht verabschiedet, das zum Beginn des kommenden Jahres in Kraft tritt. Die Baurechtsspezialisten aus der Staufener Kanzlei Steiger, Schill und Kollegen stellen der Reform ein durchwachsenes Zeugnis aus.

Im Kern soll das neue Recht Verbraucher schützen, die bei Problemen auf der Baustelle schnell mal überfordert sind. So haben private Häuslebauer fortan mehr Rechte. „Wenn ein Bauherr sich während des Baus für eine andere Ausführung entscheidet, hat er gegenüber der Baufirma ein Anordnungsrecht“, sagt Anwalt Nicolas Schill. Der Unternehmer kann dem Bauherrn dann ein Angebot für diese Änderung machen, der hat 30 Tage Zeit, es anzunehmen. Gibt es aber keine Einigung, kann die Baufirma 80 Prozent des Angebotspreises geltend machen. Hiergegen kann sich der Bauherr nur durch Beantragung einer einstweiligen Verfügung wehren. „Ich weiß nicht, was sich der Gesetzgeber da gedacht hat, das ist für die Unternehmer geradezu ideal“, sagt Schill.

Es gebe zwar mehr Schutzfunktionen für die Häuslebauer, aber „paradoxerweise“ könnten die Unternehmen nun auch Sicherheiten für ihren Vergütungsanspruch fordern, und wenn ein Häuslebauer in zig Gewerken dazu aufgefordert wird, könne die Finanzierung auch mal überanstrengt werden.

Zudem kann der Unternehmer, wenn die Sicherheit nicht gestellt wird, den Vertrag kündigen und mindestens fünf Prozent der Auftragssumme verlangen – ein „rechtssicherer Weg, um aus dem Auftrag rauszukommen“. Das, so Schill, sei das Gegenteil von Verbraucherschutz, da die bisherige Privilegierung die Anwendbarkeit beim Bau eines Einfamilienhauses ausschloss.

Ein Fertighausbauer muss künftig die Fertigstellungszeiten im Vertrag genau angeben. Zudem müssen Baubeschreibungen detaillierter gefasst werden – wenn man nicht mit einem eigenen Architekten baut. Wenn ein Fertighausbauer oder Bauträger also hohe Qualitäts- und Komfortstandards verspricht, aber keine Angaben zum Schallschutz macht, muss er auch beim Schallschutz ein überdurchschnittliches Niveau abliefern und kann sich nicht auf fehlende Angaben berufen. Geregelt sein muss darin etwa auch, was genau mit dem Erdaushub passiert und ob der extra kostet.

Ein weiterer Pluspunkt für Häuslebauer mit Schlüsselfertiganbieter: Er kann bis zur Abnahme zehn Prozent – statt bisher fünf oder weniger – der Auftragssumme einbehalten. Das gilt aber nicht beim Bauträgervertrag. Verbraucherbauverträge, die nicht vom Notar beurkundet wurden, können binnen zwei Wochen widerrufen werden – etwa wenn die Finanzierung platzt.

Bisher mussten Bauherren oft Unterlagen mühsam anfordern, die sie für Förderkredite oder gegenüber Behörden brauchen, künftig müssen die Auftragnehmer diese vor Baubeginn – kostenlos – vorlegen.

Wenn Handwerker wiederum Parkettböden wegen mangelhaftem Material wieder aus- und neu einbauen müssen, können sie diese Kosten nun den Baustoffhändlern in Rechnung stellen. Das gilt etwa auch bei schlechter Farbe. Das Ziel des Gesetzes sei, so der Emmendinger Bundestagsabgeordnete Johannes Fechner (SPD), im Handwerk Rechtsunsicherheiten und Streitereien zu vermeiden. Ob das gelingt? Schill ist skeptisch: „Das werden wir noch sehen.“

Auch jenseits des Bauplatzes gibt es Änderungen. So sollen an den Gerichten Baukammern installiert werden (in Freiburg drei), die dann mit mehr Kompetenz die nicht immer einfachen Streitigkeiten auf dem Bau bewerten. Das sieht der Experte aus Staufen indes positiv: „Wir erhoffen uns dadurch schnellere Verfahren und eine Qualitätssteigerung vor Gericht.“

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