Freiburg und der Lärm: Späti, Lederle Platz und der Augustiner STADTGEPLAUDER | 25.08.2019 | Till Neumann

Seit der neue Spätkauf-Kiosk an der Eschholzstraße Bier und Snacks bis tief in die Nacht anbietet, ist ein neuer Platz im Fokus. Anwohner sind genervt. Zumal auch am Augustinerplatz weiter um Ruhe gerungen wird. Der Säule der Toleranz geht’s daher an den Kragen. Der Stühlinger Kirchplatz soll aufgewertet werden.

Seit Mai (wir berichteten exklusiv) gibt es den Spätkiosk an der Ecke Eschholz- und Egonstraße. Samstags ist bis 4 Uhr offen. Im „Bis Späti“ werden die Kunden daher im Mondscheinlicht nicht weniger. Genervte Anwohner lassen nicht lange auf sich warten. „Wir stehen unter Druck“, berichtet Stefan vom Späti-Team. Drohungen und Anfeindungen habe es gegeben. „Wir haben keine Lust, uns anschreien zu lassen“, sagt der 26-Jährige.

Achtung: Hinweistafel auf dem Lederle Platz

Auf 100 bis 200 schätzt er die Zahl der Kunden pro Abend. Nicht wenige würden eine Weile bleiben. Auch draußen vor dem Laden. Ab 22 Uhr ist dort Nachtruhe. „Wir schicken die Gäste dann weg“, erzählt Stefan. Sein Team empfehle Parks in der Umgebung. Doch die Leute bewegten sich zuletzt eher zum nur 120 Meter entfernten Lederle Platz (Foto oben). Ein neuer Hotspot des Nachtlebens, der bisher eher für sein rotes Stahlkunstwerk bekannt war. Die Polizei ließ nicht lange auf sich warten. An einem Samstagabend verwies sie nach eigener Aussage 200 Menschen des Platzes.

Der Kiosk zieht dennoch weiter Menschen an. Die Beschwerden der Anwohner könne das Team teilweise nachvollziehen. In der Rolle, das Problem zu lösen, sehe man sich nicht. „Die Stadt ist in der Verantwortung, Plätze zu schaffen“, sagt Stefan. Denn die würden offensichtlich gebraucht.

Trotz der Verlagerung hat der Lärm am Augustinerplatz offenbar nicht nachgelassen. „Es sind wenige Personen, die aber massiv laut sind“, sagt Daniela Lanig, die neben dem Feierling wohnt. Ihr Mann Karlheinz Ruf ist einer der zwei Kläger, die den Lärm-Prozess gegen das Rathaus im Dezember spektakulär gewonnen haben. Dem Rathaus wurde auferlegt, für Ruhe zu sorgen. Die Stadtspitze ist in Revision gegangen, sieht aber Handlungsbedarf.

In „engem Austausch mit den Anwohner*innen seien Maßnahmen umgesetzt worden“, heißt es. Dazu gehören eine Bächleabdeckung, das Aufstellen von Blumenkübeln und Hinweisschildern sowie der intensivere Einsatz des Vollzugsdienstes. „Wirklich sehr bemüht“ sei der, lobt Lanig. Er arbeite aber zu Zeiten, in denen die Störer in der Regel nicht vor Ort seien. Sie mache daher selbst den „Sozialdienst der Stadt“ und rede mit Störern. Kein ungefährlicher Job: Erst neulich sei es zu „Übergriffen“ auf sie gekommen.

Die zweite erfolgreiche Klägerin, Doris Morawe, wohnt am Münsterplatz und schläft weiterhin schlecht. Die Zahl der Platzbesucher bis 24 Uhr sei zwar sehr zurückgegangen. Die Lärmbelästigung von 0 bis 5 Uhr aber „keineswegs besser“. Auch sie wünscht, dass der Gemeindevollzugsdienst bis 5 Uhr morgens aktiv sei.

Geklagt und gewonnen: Doris Morawe und Karlheinz Ruf (links) schlafen dennoch weiter schecht.

Morawe fordert zudem das Abschalten oder Entfernen der Säule der Toleranz. Die Idee zur Säule sei vor zehn Jahren zwar lobenswert gewesen. Sie habe jedoch nie für mehr Toleranz gesorgt. Vielmehr beleuchte sie den Platz und „lade zum Verweilen ein“.

Mit dem Vorschlag ist Morawe erfolgreich: Das Rathaus hat verkündet, die Säule ab dem 19. August jeweils um Mitternacht abzuschalten. Bis Oktober soll der Test gehen. Die Anwohnerin lässt das hoffen: „Vielleicht ist das ein Schritt, um den unerträglichen Lärm zu reduzieren oder sogar zu beenden.“

Indes ist auch im Gemeinderat Bewegung: SPD und CDU haben sich an Oberbürgermeister Martin Horn gewandt. Sie wollen wissen, ob eine Aufwertung des Stühlinger Kirchplatzes in Planung ist. Dort reagiert man prompt. Die Freiburg Wirtschaft Touristik und Messe (FWTM) hat jedoch schon Vorschläge dazu erarbeitet, die derzeit geprüft werden: dauerhafte Liegestühle, eine Veranstaltungsbühne und ein Café im Park. Auch ein Parkmanager ist Teil der Ideen.

Fotos: © tln